Lebensmittelpreise Null Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Milch?

Auch beim Obst- und Gemüsekauf müssen mehr und mehr Kunden aufs Geld achten und genau rechnen.
Auch beim Obst- und Gemüsekauf müssen mehr und mehr Kunden aufs Geld achten und genau rechnen.

Angesichts stark steigender Lebensmittelpreise fordern Sozial- und Verbraucherverbände breite Entlastung über eine komplette Mehrwertsteuerbefreiung für bestimmte Produkte.

Die Bundesregierung solle neue EU-rechtliche Möglichkeiten dafür ergreifen und den Steuersatz auf 0 Prozent setzen, verlangten der Sozialverband VdK, die Verbraucherzentralen und die Deutsche Diabetes Gesellschaft. Das facht auch die generelle Debatte darüber an, die Preisschraube beim Lebensmittelkauf stärker einzusetzen – für Anreize, aber auch für gezielte Aufschläge für gesündere Ernährung und mehr Tierschutz.

Durch die hohe Inflationsrate kämen mehr Menschen an ihre finanziellen Grenzen, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Geringverdiener, Rentner und Grundsicherungsempfänger wüssten nicht mehr, wie sie Lebensmittel oder ihre Stromrechnung bezahlen sollten. „Der VdK fordert deshalb, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel drastisch zu senken, und zwar auf 0 Prozent. Die Bundesregierung muss diese Möglichkeit, die es nun für alle EU-Mitgliedsstaaten gibt, voll ausschöpfen.“

Änderung in Kraft

Weitgehend unbemerkt war vor zwei Wochen eine Änderung der sogenannten EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie in Kraft getreten. Sie legt gemeinsame Vorgaben für die Mehrwertsteuer fest: Der reguläre Steuersatz muss mindestens bei 15 Prozent liegen, der ermäßigte bei mindestens 5 Prozent. Gänzliche Steuerbefreiungen sind nur in bestimmten Bereichen möglich – und zwar seit der Änderung nun auch bei Lebensmitteln und anderen Gütern zum Decken der Grundbedürfnisse.

In Deutschland liegt der Regelsatz bei 19 Prozent. Der reduzierte Satz von 7 Prozent subventioniert Produkte, die dem Gemeinwohl dienen – darunter auch Grundnahrungsmittel wie Milch, Fleisch oder Backwaren.

Auch bei Hülsenfrüchten

Der Verbraucherzentrale Bundesverband sprach sich für eine völlige Abschaffung der Mehrwertsteuer speziell bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten aus. Dies würde die Auswirkungen steigender Preise abfedern, was aktuell gerade für Haushalte mit niedrigem Einkommen wichtig sei, sagte Lebensmittel-Referentin Christiane Seidel. „Gleichzeitig würde es vielen Menschen eine gesunde Ernährung erleichtern und einen Beitrag für eine klimafreundliche Lebensmittelproduktion leisten.“

„Keine Frage des Geldbeutels“

Ähnliche Forderungen kommen von der Deutschen Diabetes Gesellschaft. „Eine gesunde Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein“, sagte Geschäftsführerin Barbara Bitzer. Die Bundesregierung müsse die neuen rechtlichen Spielräume nutzen und die Mehrwertsteuer für Gemüse und Obst abschaffen. Sie forderte im Gegenzug, „die Hersteller überzuckerter Getränke“ zur Kasse zu bitten. „Zuckergetränke sind ein wesentlicher Treiber für Adipositas und Diabetes.“ Die Hersteller bräuchten wirksame Anreize, den Zuckergehalt drastisch zu reduzieren.

Das Leben in Deutschland hat sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs sprunghaft weiter verteuert, Entspannung bei den Verbraucherpreisen ist vorerst nicht in Sicht. Energie und auch Lebensmittel werden zusehends teurer.

Lesen Sie auch

x