Wirtschaft Leitartikel: Der Abschied vom Diesel

Mit ihren Abgas-Betrügereien haben Autohersteller dafür gesorgt, dass der Dieselmotor als nicht mehr zukunftsträchtig gilt. Im Schienenverkehr ist die klassische Leitungselektrifizierung oft immer noch die beste Lösung. Brennstoffzellenfahrzeuge wirken besonders innovativ. Bei näherem Hinsehen zeigen sich große Nachteile. Mit ihrem dreisten Betrug bei den Diesel-Abgasen haben Teile der deutschen Autoindustrie die Diesel-Technik nachhaltig diskreditiert. Wenn die Autoindustrie ihr Know-how nicht dafür genutzt hätte, Kunden und Behörden zu betrügen, sondern möglichst saubere Diesel-Fahrzeuge zu konstruieren, stünde die Selbstzünder-Technik heute nicht so schlecht da. Nach „Dieselgate“ wird ein neuerliches Loblieb der Hersteller auf den „Clean Diesel“ aber wohl nicht mehr viel Gehör finden. Die Diskreditierung des Diesels hat nun auch in frappierendem Tempo Folgen für die Bahnbranche. Dieseltriebwagen, die heute noch auf Strecken ohne Oberleitung praktisch alternativlos sind, könnten schon in wenigen Jahren zum Ladenhüter werden. Dabei droht allerdings eine Gefahr. Wenn der jetzt schon wegen seiner Energieeffizienz und seines geringen Platzbedarfs relativ umweltschonende Schienenverkehr durch neue Antriebstechniken massiv teurer wird, könnte das dazu führen, dass wegen eines reduzierten Zugangebots oder ausbleibender Verbesserungen mehr Autoverkehr entsteht. Das wäre ein Bärendienst für die Umwelt. Bei aller Freude über innovative Technologien müssen daher die Kosten in Blick behalten werden. Derzeit spricht einiges dafür, dass Kosten die Achillesferse der Brennstoffzellen-Technik sind. Alstom ist bisher der einzige Hersteller, der mit dem I-Lint ein lokal emissionsfreies Fahrzeug vorführen kann, mit dem sich Politiker von der CDU bis zu den Grünen derzeit gerne zeigen – zumal ein mit Wasserstoff betriebener Zug, der als Abgas nur Wasserdampf hinterlässt, besonders innovativ wirkt. Bei näherem Hinsehen lässt die Begeisterung für diese Technik allerdings oft deutlich nach. Ein Gutachten der Technischen Universität Dresden für die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) kam zum Ergebnis, dass die Brennstoffzelle in fast allen Fällen die mit Abstand teuerste Lösung ist. Ein großer Kostenfaktor ist offenbar insbesondere die Tankinfrastruktur. Ob die theoretische Möglichkeit, den Wasserstoff durch Elektrolyse aus Überschuss-Windstrom herzustellen, praxisrelevant ist, ist derzeit ungewiss. Gute Chancen hat der I-Lint wohl vor allem in Niedersachsen, weil der Hersteller Alstom dort in Salzgitter produziert. In dem Gutachten für die BEG, das im Auftrag eines technologisch nicht festgelegten Aufgabenträgers erstellt wurde und deshalb nicht von Herstellerinteressen geprägt ist, lautet das wichtigste Ergebnis, dass die klassische Leitungselektrifizierung oft die beste Lösung ist – vereinfacht gesagt, überall dort, wo mehr als ein Stundentakt gefahren wird. Relevant ist das vor allem für München als die deutsche Metropole mit massiven Luftqualitätsproblemen, deren Hauptbahnhof immer noch von so vielen schweren Dieselzügen angefahren wird wie kaum ein anderer. Vor diesem Hintergrund wird das große Interesse der CSU an dem Thema Bahn-Elektrifizierung verständlich. Vor allem dort, wo Teilabschnitte einer Linie elektrifiziert sind und das nicht allzu hohe Verkehrsaufkommen eine baldige Leitungselektrifizierung unwahrscheinlich macht, sind Elektrotriebwagen mit zusätzlicher Batterie wohl die zukunftsträchtigste Lösung. Ein gutes Beispiel für eine solche Strecke ist die Linie von Kaiserslautern über Landstuhl nach Kusel. Schwieriger ist die Situation bei den Strecken in der Pfalz , bei denen es keine elektrifizierten Abschnitte gibt wie beispielsweise die Linien von Pirmasens nach Landau und Kaiserslautern. Hier könnte die derzeit realistische Batterie-Reichweite an Grenzen stoßen.

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