Bargeld Ladenkasse läuft Bankschalter den Rang ab

Die Anzahl der Bankfilialen schrumpfte 2020 im Vorjahresvergleich um 9,6 Prozent.
Die Anzahl der Bankfilialen schrumpfte 2020 im Vorjahresvergleich um 9,6 Prozent.

Der Bankschalter verliert in Deutschland an Bedeutung, Alternativen wie das Abheben an der Ladenkasse werden stärker genutzt. Stirbt das persönliche Geldabheben schleichend aus?

Immer mehr Menschen heben beim Einkaufen Geld an der Ladenkasse ab, der Bankschalter verliert dagegen zusehends an Bedeutung bei der Versorgung mit Barem. Nach einer von der Postbank in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie nutzten im Vor-Pandemie-Jahr 2019 rund 27 Prozent der Befragten die Möglichkeit zum Geldabheben in Drogerien, Supermärkten und Tankstellen, 2021 stieg der Wert auf 41 Prozent. Aus Sicht des Bankendachverbands Deutsche Kreditwirtschaft (DK) spielt der Schalter für die reine Bargeldbeschaffung eine zunehmend untergeordnete Rolle. Den Branchenvertretern zufolge ist der Geldautomat aber nach wie vor der bevorzugte Ort, um Bargeld zu erhalten. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede bei den Durchschnittsbeträgen, die Kunden an den verschiedenen Ausgabestellen abheben, sagte ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Er verwies auf einen Bericht der Bundesbank aus dem Vorjahr. Danach holten Verbraucher in Deutschland am Schalter im Schnitt 447 Euro, an Geldautomaten waren es durchschnittlich 189 Euro und an der Ladenkasse lediglich 87 Euro je Vorgang.

Je mehr Bargeld Menschen also abheben wollen, desto eher nutzen sie den bewährten Bankschalter. An diesem gibt es auch nicht die Limits zwischen 1000 und 3000 Euro, die eine Person im Regelfall am Tag maximal am Geldautomaten abheben kann. Wer also beispielsweise einen Gebrauchtwagen bar bezahlen will, dem bleibt – ohne eine extra Freischaltung – nur der Gang zum Bankschalter.

Allerdings kostet der persönliche Service in der Regel zusätzlich: Im Jahr 2019 erlaubte der Bundesgerichtshof Banken in einem Urteil, für die Ausgabe von Bargeld am Schalter Extra-Gebühren zu verlangen. Wollen die Banken ihre Kunden also mit etwas Nachdruck vom personalintensiven Service entwöhnen? Der Bankendachverband sagt: Wo Kunden diesen Service in Anspruch nehmen möchten, „gibt es auch weiterhin die Möglichkeit dazu“.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso) hält es angesichts eines Filialsterbens jedoch für sehr unwahrscheinlich, dass die Banken dieses Versprechen halten können. Gerade erst hat die Commerzbank auf Anfrage der RHEINPFALZ mitgeteilt, dass sie drei Filialen in der Pfalz – Landau, Pirmasens und Ludwigshafen-Hemshof – schließen wird.

Dass vor allem ältere Menschen dem allmählich verschwindenden Bankschalter am ehesten nachtrauern werden, zu diesem Schluss kommen nicht nur Seniorenvertreter: Einer Studie des Verbands privater Banken BdB zufolge besuchen zwar immer weniger Menschen eine Bankfiliale, doch das Misstrauen unter Senioren gegenüber dem Online-Banking ist nach wie vor hoch. Nur die Hälfte der befragten älteren Menschen hielt es für sicher oder sehr sicher. Die Bagso stellte dazu fest: „Gerade für viele ältere Kundinnen und Kunden bleibt der persönliche Service wichtig.“ Sie kämen auch mit automatisierten Telefondienstleistungen nicht gut zurecht.

Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfahlen sagt: „Es gibt eine größere Anzahl Kunden, die ihre Bankgeschäfte noch vor Ort abwickeln wollen.“ Dass Zweigstellen auf dem Land schließen, besorgt ihn besonders. „Wenn Filialen in kleineren Orten schließen und die nächste Geschäftsstelle im zehn Kilometer entfernten Nachbarort liegt, ist das für Kunden mit sehr viel mehr Aufwand verbunden.“ 2020 sank die Anzahl der Geschäftsstellen von Geldhäusern laut Bundesbank im Vorjahresvergleich um 9,6 Prozent auf 24.100.

Der Bundesbank zufolge ist es für Landbewohner etwas schwieriger, an Bargeld zu kommen, als für Menschen in Städten. Während in einer Befragung der Zentralbank von 1000 Kunden nur 6,5 Prozent der Städter angaben, dass sie für eine Barabhebung einen größeren oder relativ großen Aufwand auf sich nehmen, lag dieser Prozentsatz auf dem Land bei 10,7.

Der Einfluss von Corona auf die Zukunft des Bankschalters ist aus Sicht der Bundesbank deutlich erkennbar. Bei den alltäglichen Ausgaben hätten bargeldlose Zahlungsmittel und besonders Karten 2020 wesentlich an Bedeutung gewonnen. Zwischen 2017 und 2020 sei der Anteil der Kartenzahlungen in Deutschland von 9 auf 30 Prozent gestiegen.

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