Wirtschaft Kommentar: Der Bund ist in Zugzwang

Das Rastatt-Desaster könnte der Anstoß dafür sein, vom Bund seit Jahrzehnten verschleppte Bahnprojekte endlich in Angriff zu nehmen.

Dass sich die grün-geführte Landesregierung in Stuttgart mit dem Rastatt-Desaster beschäftigt, dürfte sich kurz vor der Bundestagswahl nicht nur durch das Engagement in der Sache erklären. Es ist aber durchaus legitim, politisch Druck in einer Angelegenheit zu machen, bei der eklatante Defizite der deutschen Verkehrspolitik deutlich werden und der primär zuständige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wieder einmal das von ihm gewohnte Desinteresse an allen Themen außerhalb der Ausländermaut zeigt. Der Ausfall der Rheintalbahn wäre bei weitem nicht so dramatisch, wenn die Gäubahn von Stuttgart nach Singen – wie bis 1945 – durchgehend zweigleisig wäre. Für diesen zweigleisigen Ausbau haben sich jahrzehntelang CDU-Politiker aus der Region entlang der Strecke eingesetzt. Maßgeblich beteiligt an den Bemühungen war als damaliger Oberbürgermeister von Horb auch der heutige baden-württembergische FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer. Trotz dieses Engagements, das bis zur Mitfinanzierung von Planungsleistungen ging, die eigentlich Bundessache sind, liegt bis heute noch kein einziger Meter des betreffenden zweiten Gleises. Hauptgrund dafür ist, dass für die im Bund regierenden Parteifreunde der CDU- und FDP-Politiker solche Bahnprojekte – anders als etwa das Milliardengrab „Stuttgart 21“ – nie die nötige Priorität hatten. Die Grünen haben immerhin das Verdienst, in den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung von 1998 bis 2005 den Anteil der Schienenprojekte an den Investitionen etwas erhöht zu haben – allerdings bei weitem nicht im eigentlich erforderlichen Ausmaß.

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