Wirtschaft Kengeter im Feuer der Aktionäre

Die Aktionäre der Deutschen Börse haben Vorstandschef Carsten Kengeter wegen der geplatzten Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) und eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn scharf kritisiert.

Die Ermittlungen gegen Kengeter, der kurz vor Bekanntwerden der Fusionsgespräche im Dezember 2015 für 4,5 Millionen Euro Aktien des Unternehmens gekauft hatte, waren zwar keine Überraschung – doch konzentrierte sich der Zorn der Aktionärssprecher mehr darauf als auf die geplatzte Fusion. „Der Umstand, dass gegen den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse wegen Insider-Handels ermittelt wird, ist an Peinlichkeit nicht zu übertreffen und stellt einen erheblichen Imageschaden für unser Unternehmen dar“, sagte der Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Sein Kollege von der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger (VzfK) forderte den Rücktritt Kengeters. Doch der Börsenchef blieb gelassen und auch der Aufsichtsrat sprach ihm erneut das Vertrauen aus. Allerdings, auch darauf wiesen Aktionärsvertreter hin, läuft der Vertrag des 50-jährigen Kengeter nur noch bis März 2018 und eine Verlängerung ist noch nicht beschlossen. Man werde dies „rechtzeitig“ entscheiden, sagte Aufsichtsratschef Joachim Faber nur. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Börsenchef laufen noch. Aufsichtsrat und der Vorstandschef verweisen darauf, dass es sich bei den Aktiengeschäften nicht um Insiderhandel gehandelt habe, sondern dass Kengeter bestimmte Fristen aus einem Vergütungssystem habe einhalten müssen, das von den Aktionären auf einer der vorherigen Hauptversammlungen beschlossen worden war. „Ich bin sicher, dass sich die Vorwürfe nach eingehender Prüfung als unbegründet erweisen werden“, sagte Kengeter. Und Faber bekräftigte, dass sich der Aufsichtsrat „sorgfältig und intensiv“ mit dem Thema befasst habe: „Ergebnis der internen und externen Prüfung war, dass der Aktienerwerb keinen Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot darstellt.“ Der zweite Kritikpunkt der Aktionärsvertreter bezog sich auf die „schlecht vorbereiteten“ Fusionspläne mit der Börse in London. „Wie blauäugig kann man nur sein zu glauben, die deutsche Börsenaufsicht werde im Brexit-Fall einen Unternehmenssitz außerhalb der EU erlauben?“, fragte der DSW-Sprecher. „Wie dilettantisch muss man sein zu glauben, man könne im Brexit-Fall gegebenenfalls wichtige Eckpunkte noch nachverhandeln?“ Viele Aktionäre warfen dies Kengeter und Aufsichtsratschef Faber vor – aber Konsequenzen wird es wohl nicht geben, da die meisten Großaktionäre sich bereits im Vorfeld der Hauptversammlung hinter die Führungsspitze gestellt hatten. Aus ihrer Sicht müsste Kengeter nur abtreten, wenn die Staatsanwalt im Insider-Verfahren Anklage gegen ihn erhebt. Der Börsenchef entwarf vor den Aktionären eine Strategie, wie die Deutsche Börse nun allein weiter wachsen will – in kleinen Schritten, sagte er. Man werde das Angebot von Deutschlands größtem Börsenbetreiber ausbauen – besonders im Handel und im Datengeschäft. Der Konzern sei dabei offen für Übernahmen, Partnerschaften und Beteiligungen.

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