Kultur Cannes: Frank Sinatras „My Way“ wurde in Cannes geboren

Der Film „May Way“ hatte in Cannes im Strandkino Premiere.
Der Film »May Way« hatte in Cannes im Strandkino Premiere.

Wer weiß schon, dass „My Way“ von Frank Sinatra ein französisches Lied von einem französischen Komponisten ist? Und dass es mehr oder weniger in Cannes entstand? Die Geschichte des bis heute finanziell erfolgreichsten Chansons für die Sacem, die französische Gema, erzählt nun ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm: ein Biopic.

Wie kann ein Film über einen Song ein Biopic sein? Das gibt es doch nur bei Personen. Der Kniff, den Thierry Teston und Lisa Azuelos für ihre Doku „My Way“ gewählt haben: Sie genagierten Jane Fonda, die als Personifizierung, als Ich, des Songs über ihr Leben spricht. „My Way“ hatte in Cannes da Premiere, wo solche populären Sachen auch hingehören, abends im Strandkino. Da kann jeder hin: ganz ohne Ticket und ohne Akkreditierung, 1000 Liegestühle (mit Decken) stehen vor der großen Leinwand mit Meerblick bereit.

Vor dem Film bitten die Produzenten den Komponisten Jacques Revaux (83) auf die Bühne. Er hat ein Chanson für den französischen Sänger Claude François (1939-1978), komponiert das 1967 herauskam: „Comme d’habitude“ (wie gewöhnlich). Daraus wurde der berühmte Coversong „My Way“, von dem es inzwischen weltweit 4000 Versionen gibt.

„Es gibt Worte und Noten, die in einem Song zusammenkommen, der so kraftvoll ist, dass er uns eine neue Erfahrungen beschert. Dieser Song bin ich“, sagt Jane Fonda, während man die ersten Takte hört. „Ich wurde Ende der 60er Jahre geboren“, erzählt Fonda weiter, „ein amerikanischer Song, der in Frankreich geboren wurde, komponiert von zwei Parisern, adaptiert von einem Kanadier und dann berühmt wurde durch einen Amerikaner.“ Jacques Revaux hatte in den 60ern einen Vertrag über vier Chansons, die er für Claude Francois komponieren solle. „Damals, sangen die meisten französischen Sänger nur Englisch“, erinnert er sich. „Wir sind also nach London gefangen und haben die Songs auf Englisch singen lassen.“

Der Regisseur des Films (Mitte) mit dem Kompinisten Jacques Revaux (rechts).
Der Regisseur des Films (Mitte) mit dem Kompinisten Jacques Revaux (rechts).

Auch ein junger Sänger namens David Jones, der spätere David Bowie, nahm die Melodie und machte einen Text dazu. Revaux schickte seine Melodie an Petula Clark, Caterina Valente, Dalida – niemand hat geantwortet. Als er im Sommer in Cannes war, traf er am Strand beim Frühstück Claude François, der sich beschwerte, dass Revaux für jeden komponiere, nur für ihn nicht. Dabei hatte Revaux die Melodie auch ihm geschickt, François lud ihn in seine Villa ein, hörte sich die Melodie an, und begann gleich, die Worte dazu zu finden: Je me lève/et je te bouscule/tu ne te réveilles pas/comme d’habitude“. Das Lied war geboren. Es handelt von einer Liebe, die auseinandergeht, der von François und der französischen Sängerin France Gall (1947-2018). Der Song wurde ein Hit.

Paul Anka (82), der Kanadier, hörte „Comme d’habitude“ im Radio an einem Swimming Pool, in Cannes beim Urlaub. Das Lied ging ihm nicht aus dem Kopf. Er war 21, als er sein Idol Frank Sinatra in New York kennenlernte. Er schrieb den englischen Text über einen Mann, der kurz vor seinem Tod die Bilanz seines Lebens zieht. Sinatra, depressiv als seine Ehe mit Ava Gardner auseinanderging, fand sich darin wieder, nahm den Song auf 1968 – und beendete damit seine Sangeskarriere. Wie es weiterging, ist bekannt. Im Laufe der Jahrzehnte sangen Elvis, Tom Jones, Nina Hagen, die Sex Pistols, Robbie Williams, Nina Simone, die Liste ist lang und wird jedes Jahr länger.

Aufnahmen berühmter Sänger

Die Doku bettet berühmte Aufnahmen dieser Sänger ein, kombiniert sie mit Schnipseln der Zeitgeschichte, mit Interviews der Interpreten, mit einer kleine Musikstunde des Komponisten Gabriel Yared, der die Melodie und ihren Aufbau am Klavier erklärt. Zusammengehalten wird alles durch die Ich-Erzählung von Jane Fonda: „Jedes Mal wenn mich jemand anderes singt, ändere ich mich“, sagt sie.

„My Way“ wurde beim Konzert von west- und ostdeutschen Künstlern nach dem Fall der Berliner Mauer gesungen und wird heute gerne bei Beerdigungen gesungen, auch in der Pfalz: Auf Youtube gibt es eine Aufnahme, die auf dem Zweibrücker Friedhof aufgenommen wurde.

Den Trailer zu der Doku gibt es auch bei Youtube.

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