Zum 80. Geburtstag Hartmut Mehdorn: Unruhegeist im Ruhestand

Am 16. Dezember 1999 hatte Hartmut Mehdorn seinen ersten Arbeitstag bei der Bahn.
Am 16. Dezember 1999 hatte Hartmut Mehdorn seinen ersten Arbeitstag bei der Bahn.

Bahnchef war für ihn lange wie ein Vorname: Bahnchef Mehdorn. Manche meinen, die Fahrgäste büßten heute noch für seine Strategie in den Nuller-Jahren.

Sein Name fällt jetzt wieder häufiger, obwohl er sich längst zurückgezogen hat. Wenn die Rede ist von Verspätungen, von ausgefallenen Zügen, kurz: von den Problemen der Deutschen Bahn, dann ist oft der Name Hartmut Mehdorn zu hören. Von 1999 bis 2009 hat er als Bahnchef den Staatskonzern auf Gewinnkurs gebracht und wie manche meinen: kaputt gespart. Ein Vorwurf, den einer wie Mehdorn bis heute nicht auf sich sitzen lässt: „Das ist eine Behauptung und schlicht falsch und haltlos“, sagt der Manager, der am Sonntag 80 Jahre alt wird.

Der ehemalige Manager klingt entspannt. Berlin ist weit weg. Doch die Vorgänge bei der Bahn beschäftigen ihn auch im Ruhestand. Verantwortlich für die aktuelle Misere aus seiner Sicht: der Bund. „Der Staat hat seine Bahn-Infrastruktur über lange Jahre sträflich vernachlässigt“, sagt er.

„Diplomat wollte ich nie werden“

Ob im Bahnvorstand, als Chef von Air Berlin oder auf der Chaos-Baustelle des Flughafens BER: Wo er hinkam, polarisierte Mehdorn, einer der bekanntesten Manager Deutschlands. Zupackend für die einen, Raubein für die anderen. Ein Napoleon-Bewunderer zwischen Selbstbewusstsein und Selbstdarstellung. Mit starken Worten und Mut zu unbequemen Entscheidungen. Titel seiner Biografie: „Diplomat wollte ich nie werden.“

Zehn Jahre führte der Berliner die Deutsche Bahn. In dieser Zeit wuchs sie zum internationalen Transportkonzern heran, der Spediteur Schenker etwa kam hinzu, ein Drittel der 324.000 DB-Mitarbeiter ist heute im Ausland tätig. Aus operativ 1,5 Milliarden Euro Verlust pro Jahr wurden in den Mehdorn-Jahren 2,5 Milliarden Euro Gewinn. Sein politisch vorgegebenes Ziel war der Börsengang. Doch die Finanzkrise kam 2009 dazwischen. Ein Verfechter einer Teilprivatisierung ist Mehdorn heute noch. Die zehn erfolgreichsten Bahnen auf der Welt hätten eins gemeinsam: „Sie sind börsennotiert, kundenorientiert, profitabel, pünktlich und sauber ohne staatlichen Einfluss.“

Von Heidelberger Druckmaschinen zur Bahn

Mehdorn stürzte schließlich über eine Affäre um Massenkontrollen von Mitarbeiterdaten. Schon im Rentenalter verschaffte er dann der trudelnden Air Berlin von 2011 bis 2013 neue Luft – bevor die Fluggesellschaft später doch pleite ging. Auf der BER-Baustelle kämpfte er von 2013 bis 2015 gegen viele Widerstände, schonte weder sich noch andere und sorgte für einen neuen Eröffnungstermin – der sich aber auch nicht halten ließ.

Als unvollendet ist die Karriere des Unruhegeistes Mehdorn deshalb beschrieben worden. Begonnen hatte sie in der alten Bundesrepublik. Manager durften damals noch Patriarchen sein und Flugreisen waren für viele ein schwer erfüllbarer Traum, als der Maschinenbauer 1964 bei den Vereinigten Flugtechnischen Werken in Bremen anfing. Mehdorn ging zu Airbus, stieg in den Vorstand der damaligen Deutschen Aerospace auf, wechselte an die Spitze der Heidelberger Druckmaschinen, bevor Kanzler Gerhard Schröder ihn zum Bahnchef machte.

Voller Einsatz hat seinen Preis. Jahrelang machte Mehdorn kaum Urlaub. „In den Sommerferien habe ich die Familie ans Meer gebracht und dann weitergearbeitet“, verriet der Vater dreier Kinder einmal. Inzwischen habe er keine Aufsichtsratsmandate oder Ämter mehr inne, sagt er heute. Seine Familie, die zu seinem Geburtstag nach Südfrankreich anreist, dürfte es freuen.

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