Amazon Gründer Bezos tritt ab

Gilt als reichster Mann der Welt: Jeff Bezos.
Gilt als reichster Mann der Welt: Jeff Bezos.

Raumfahrt, Stiftungen, „Washington Post“: Um mehr Zeit für andere Projekte zu gewinnen, gibt Jeff Bezos den Vorstandsvorsitz bei Amazon ab. Zunächst lässt sich der reichste Mensch der Welt ins All schießen. Doch sein Einfluss bei Amazon dürfte groß bleiben.

Am 5. Juli 1994 gründeten Jeff Bezos und seine damalige Ehefrau MacKenzie in einer Garage bei Seattle einen Online-Buchladen. Daraus entstand einer der größten, wertvollsten und mächtigsten Konzerne der Welt: Amazon. Seitdem führt Bezos die Geschäfte des Unternehmens, doch damit ist nun Schluss. Auf den Tag genau 27 Jahre nach der Gründung von Amazon gibt der 57-Jährige den Posten als Vorstandschef an Andy Jassy ab, der bislang die boomende Cloud-Sparte leitete.

Künftig Zeit für andere Projekte

Wie geht es nun weiter für den Spitzen-Manager, den sein Erfolg mit Amazon zum reichsten Menschen der Welt gemacht hat? Dass Bezos sich künftig ganz seiner Raumfahrt-Leidenschaft widmen wird, steht zu bezweifeln. Der Multimilliardär sagte bereits, dass er durch seinen Rücktritt als Amazon-Vorstandschef auch Zeit für andere Projekte gewinnen wolle. Dazu zählen seine Stiftungen und die US-Tageszeitung „The Washington Post“, die seit 2013 in seinem Privatbesitz ist. Doch auch bei Amazon dürfte sein Einfluss weiter groß bleiben. Denn als geschäftsführender Vorsitzender des Verwaltungsrats, der dem Vorstand übergeordnet ist, bleibt Bezos beim weltgrößten Onlinehändler auch künftig der starke Mann im Hintergrund. Als Bezos im Februar seinen Rücktritt als Vorstandschef ankündigte, bemühte sich Amazon rasch, die Bedeutung herunterzuspielen. Der Konzerngründer werde auch in Zukunft „sehr involviert“ bleiben.

Gegenüber den Mitarbeitern erklärte Bezos, dass es bei seiner Entscheidung nicht darum gehe, sich in den Ruhestand zu verabschieden. In seiner zukünftigen Rolle als Verwaltungsratschef wolle er seine Aufmerksamkeit auf neue Produkte und Initiativen ausrichten. Tatsächlich scheint es nach all den Jahren fast unmöglich, sich Amazon und Bezos getrennt voneinander vorzustellen.

Konzern mit eigener Supermarktkette

Heute ist Amazon noch viel mehr als das größte Internet-Kaufhaus und hält mit seinen Cloud-Services, die etwa Start-ups IT-Anwendungen und Speicherplatz im Netz bieten, unzählige Firmen am Laufen. Der Konzern hat zudem eine eigene US-Supermarktkette und Streaming-Services. Mit dem Aufbau einer eigenen Lieferlogistik setzt Amazon Paketzusteller wie UPS, Fedex und DHL unter Druck – und niemand weiß, welche Branchen als nächste drankommen.

Bezos machte Amazons Erfolg als Großaktionär steinreich. Trotz einer teuren Scheidung von seiner Ex-Frau MacKenzie 2019 ist sein Vermögen in den vergangenen Jahren weiter gewachsen. Aktuell ist Bezos mit geschätzten fast 200 Milliarden Dollar (rund 168,7 Milliarden Euro) laut „Forbes“ der reichste Mensch der Welt. An der Börse hatte Amazon wegen chronisch roter Zahlen lange Zeit einen schweren Stand. Doch seit Bezos zuverlässig Gewinne liefert, ist er zum Liebling der Wall Street geworden. Im September 2018 gelang es Amazon als zweiter Aktiengesellschaft nach dem iPhone-Riesen Apple, die magische Marke von 1 Billion Dollar beim Börsenwert zu knacken.

Bei Gewerkschaften weniger beliebt

Weniger beliebt als bei Anlegern ist der Bezos-Konzern bei Gewerkschaften. Die Arbeitsbedingungen sind seit Jahren ein Streitthema. In der Pandemie geriet Amazon wegen angeblich unzureichenden Schutzes seiner Beschäftigten in den USA unter Druck. Das streitet das Unternehmen zwar ab, räumte jedoch andere Peinlichkeiten ein, etwa dass Lieferfahrer aus Zeitnot mitunter in Flaschen pinkeln. Auch in Deutschland gibt es einen festgefahrenen Gewerkschaftskonflikt, seit 2013 kommt es immer wieder zu Streiks.

Amazons größter Profittreiber ist aber nicht mehr der Onlinehandel, sondern das Cloud-Geschäft mit IT-Services und Speicherplatz im Internet. Daher erscheint es logisch, dass mit Andy Jassy der Leiter dieser Sparte zum künftigen Vorstandschef befördert wurde. Amazons Cloud-Plattform AWS, die viele Unternehmen und Apps nutzen, steigerte das Betriebsergebnis im jüngsten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um über 35 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar. Damit lieferte AWS zuletzt fast die Hälfte des Konzerngewinns von Amazon.

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