Wirtschaft BASF im Visier der US-Politik

Die Röhren für den Bau der Ostsee-Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 liegen im Hafen von Sassnitz-Mukran in Mecklenburg-Vorpommern be
Die Röhren für den Bau der Ostsee-Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 liegen im Hafen von Sassnitz-Mukran in Mecklenburg-Vorpommern bereit.

«Ludwigshafen». Die neuen US-Sanktionen gegen Russland zielen auch auf westliche Unternehmen wie den Ludwigshafener Chemiekonzern BASF. Der ist über seine Öl- und Gas-Tochtergesellschaft Wintershall an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 beteiligt und engagiert sich finanziell beim Bauprojekt Nord Stream 2. „Wir prüfen derzeit mögliche Auswirkungen auf unser Geschäft“, sagte ein BASF-Sprecher der RHEINPFALZ.

In den USA haben Senat und Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit ein Gesetz beschlossen, das weitgehende wirtschaftliche Strafen auch für Firmen außerhalb der USA vorsieht, die am Export von russischem Gas in die EU beteiligt sind. Für die verschärften Sanktionen werden drei Gründe genannt. Erstens die Annexion der Krim durch Russland. Zweitens die Einmischung Russlands in den Präsidentschafts-Wahlkampf 2016 zugunsten von Donald Trump. Und drittens wirtschaftliche Interessen der USA, ihren durch neuartige Fracking-Verfahren gewonnen Reichtum an Öl und Gas besser zu vermarkten. Gas aus lange Zeit unzugänglichen Schiefergas-Lagerstätten soll aus den USA verflüssigt per Schiff nach Europa geliefert werden. Die USA wollen Russland als Konkurrenten auf dem Energiemarkt zurückdrängen. Da Trump wegen seiner dubiosen Russland-Kontakte innenpolitisch schwer unter Druck steht, hat er Anfang August das Sanktionsgesetz unterschrieben. Er tat das widerwillig und meldete Bedenken an, dass damit europäischen Verbündeten geschadet werden könne. Deshalb hegen möglicherweise betroffene Unternehmen die Hoffnung, dass er das Gesetz nicht anwenden wird. Trump habe klargemacht, dass Sanktionen nur in enger Absprache mit europäischen Verbündeten möglich seien, sagte ein Sprecher der Nord-Stream-Gesellschaft mit Sitz in Zug in der Schweiz. Dabei habe Trump betont, dass europäische Interessen in Bezug auf die Versorgungssicherheit und europäische Energieunternehmen berücksichtigt würden. Dennoch hat die Androhung der Sanktionen große Verunsicherung ausgelöst. Europäische Regierungen, darunter die in Berlin, sowie die EU-Kommission haben die Sanktionen als völkerrechtswidrig bezeichnet. BASF-Chef Kurt Bock sprach auf der Halbjahrespressekonferenz wenige Tage vor der Unterzeichnung des Gesetzes durch Trump von einer „neuen Qualität in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa“. Die USA wollten Sanktionen beschließen zu Lasten von Europa und damit die US-Wirtschaft befördern nach dem Motto: Kauft amerikanisches Gas. Das sei „schon bemerkenswert“, vor allem, wenn man bedenke, dass Russland Westeuropa seit Jahrzehnten zuverlässig beliefere. Diese Zusammenarbeit sei durch die 2011 gestartete Pipeline Nord Stream 1 ausgebaut worden. An der Nord Stream 1 sind auch westliche Konzerne beteiligt. Die BASF-Tochter Wintershall und die Eon-Ausgründung Uniper halten je 15,5 Prozent. Die Pipeline kann 55 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr liefern und 26 Millionen Haushalte in Europa versorgen. Zum Vergleich: Der Gasverbrauch in Deutschland lag 2016 bei 80,5 Milliarden Kubikmetern. In der EU waren es 428,8 Milliarden Kubikmeter. Mit der geplanten Nord Stream 2 soll die Lieferkapazität durch die Ostsee auf 110 Milliarden Kubikmeter Gas verdoppelt werden. Die Vorstellung, dass sich Europa mit verflüssigtem Schiefergas aus den USA versorgen könnte, sei „absoluter Humbug“ sagte Bock. Das gehe weder von den Mengen noch von der Logistik her. Die EU beziehe derzeit jeweils rund ein Drittel ihres Gasbedarfs aus eigenen Quellen, aus Norwegen und aus Russland. Im Vergleich zu Flüssiggas sei Pipeline-Gas auch sehr wettbewerbsfähig. Seit 1990 arbeitet die BASF eng mit dem russischen Gasriesen Gazprom zusammen. 2015 übernahm Gazprom den 50-Prozent-Anteil der BASF an dem bis dahin gemeinsam betriebenen Gashandel in Europa. 13 Milliarden Euro Jahresumsatz und eine halbe Milliarde Gewinn wechselten von Ludwigshafen nach Moskau. Die BASF bekam dafür Anteile an einem Erdgasfeld in Nordwestsibirien. 2005 ist die BASF groß in die russische Gasförderung eingestiegen. 2016 setzte der Konzern mit 850 Mitarbeitern 870 Millionen Euro in Russland um. Leitartikel

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