Rheinpfalz Wertvolles Abwasser

Mannheim. Eine „anhaltende Wasserkrise“ prognostiziert das UN-Kinderhilfswerk UNICEF. Gerade Abwasser müsse künftig stärker als Quelle für Wasser-, Energie- und Rohstoffversorgung genutzt werden. Mannheim sei hier schon ein Stückchen weiter, sagt Bürgermeisterin Felicitas Kubala (Grüne).

„Wir nutzen bereits den Klärschlamm zur Produktion von Biogas oder auch der teuren Ressource Phosphor“, erklärt Kubala am historischen Fremdeinstieg in der Breiten Straße. Jedes Jahr haben die Bürger hier die Möglichkeit, etwas über Abwasser zu erfahren. Das war schon im Jahr 1891 die Absicht. „Man wollte den Bürgern hier die fortschrittliche Stadtentwässerung demonstrieren“, erklärt Eigenbetriebsleiter Alexander Mauritz. So kommen täglich durchschnittlich 100.000 Kubikmeter Abwasser im Zulaufkanal des Klärwerks an. Hier wird es nicht nur gereinigt, sondern auch weiter genutzt. So komme der Klärschlamm bis zu 40 Tage in den Faulbehälter und erzeugt Klärgas – immerhin rund elf Millionen Kubikmeter pro Jahr –, das komplett zur Energie- und Wärmegewinnung im Klärwerk bei Sandhofen verwendet wird. So könne der Eigenbetrieb seit 2007 weitgehend auf den Zukauf von Erdgas verzichten. Die Gasmotoren im Blockheizkraftwerk bilden zugleich die Notstromversorgung im Klärwerk. „Und wir haben hier eine Kohlendioxideinsparung von 33.000 Tonnen pro Jahr.“ Beileibe nicht die einzige Energiequelle im Abwasser: „Die Abwasserreinigung ist sehr aufwendig und energieintensiv“, erklärte Felicitas Kubala. Immerhin fließen rund 20 Prozent des kommunalen Stromverbrauchs in das Mannheimer Klärwerk. „Deshalb versuchen wir, so viel Energie wie möglich selbst zu erzeugen oder zurückzugewinnen“, erklärt sie. Die Photovoltaikanlage auf dem ehemals offenen Filterbecken sei dafür nur ein weiteres Beispiel. So werde nicht nur die Algenbildung durch den Lichteinfall in den Sommermonaten verhindert, sondern bereits seit dem Jahr 2007 auf 2300 Quadratmetern Fläche Sonnenenergie gewonnen – rund 238.000 Kilowattstunden pro Jahr, die ins lokale Stromnetz eingespeist werde. Bis zu 80.000 Kilowattstunden steuert außerdem das Wasserrad bei, das im Gefälle des gereinigten Abwasserstroms Energie erzeugt. Nicht nur im Klärwerk selbst steht die optimale Verwertung der Abwasser-Ressourcen im Vordergrund. Auch das neue Stadtarchiv in der Neckarstadt profitiert unmittelbar. Es soll künftig zumindest zum Teil aus dem Pumpwerk Ochsenpferch in der unmittelbaren Nachbarschaft beheizt werden. „Die Wärmegewinnung aus Abwasser zählt auch für uns noch zum Neuland“, sagt Alexander Mauritz. Gewaltige 10.000 Liter Abwasser pro Sekunde kann das Pumpwerk verarbeiten, bei dem die Kanäle aus dem gesamten Süden eingehen. Die im Kanal verlegten Module werden vom warmen Abwasser überströmt, entziehen die Energie und geben sie an eine Wärmepumpe weiter, die direkt ins Heizsystem eingespeist wird und im Sommer die Kühlung betreibt. Aktuell schon eine Ersparnis von 10.000 Litern Heizöl pro Jahr und durchaus noch ausbaufähig: „Auch unser neues Betriebsgebäude in der Käfertaler Straße wird so beheizt“, so Mauritz. Er ist zufrieden: „2016 haben wir rund 60 Prozent des Strombedarfs und 100 Prozent des Wärmebedarfs des Klärwerks mit eigener Energieproduktion gedeckt.“ Ziel sei die Komplettversorgung, betonte Kubala: „Wir wollen vom größten kommunalen Energieverbraucher zum Energieproduzenten werden.“ Gerade im Wärmetausch stecke viel Potenzial, nicht nur für öffentliche, sondern auch in privaten Gebäuden, so die Umwelt-Bürgermeisterin. |env

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