Kultur Südpfalz Völlig entfesselt

Die Montagsreihe feiert Silberjubiläum, doch schon das erste Konzert zum 25. Geburtstag machte deutlich, dass die Veranstalter vom Kulturzentrum Altstadt jung und voller Schwung geblieben sind. Das Trio Tango Transit trug mit energiegeladener Musik dazu bei, alle Akkus zu regenerieren und die renommierte Veranstaltung im Innenhof des Frank-Loebschen Hauses in die Zukunft zu führen.

Wer bei Tango an laszive Melodien, melancholische Gemüter oder gar an einen schlürfenden Wiegeschritt über Laternen beleuchtete Straßen denkt, der musste sich am Montagabend erst mal neu orientieren: Vom Tango Argentina oder seiner Nuevo-Version nach Astor Piazzolla war beim furiosen Gig von Tango Transit ziemlich wenig zu spüren. Wobei die Betonung tatsächlich auf spüren liegt. Denn das, was nach außen wie Funk oder Beat, House Bass Drum oder Balkan Cross Over daherkam, hatte bei genauerem Hinhören und intensiverem Forschen schon den namengebenden Kern. Aber Tango, wie ihn das Trio Transit versteht, führt – wie der Name des Ensembles ja ebenfalls andeutet – in eine neue, ziemlich unorthodoxe Dimension. Exemplarisch wurde das gleich zu Beginn des Konzertes bei der furiosen Interpretation des Tango Liber deutlich. Die jedermann bekannte, mitreißende Melodie, die schon Piazzolla wie ein Magier rhythmischer Ekstasen aus der Tango-Ursuppe in höhere Spähren rückte, haben die drei Herren von Trio Transit noch einmal unbändig aufgemischt. Jetzt flirren einzelne Töne und Tonfolgen wie freie Radikale durch den Notenkosmos, irren akustisch verfremdet durch Zeit und Raum, suchen nuschelnd und wabernd Halt beim Akkordeon, werden weitergetrieben von einer stampfenden Percussion und schließlich vom tanzenden Bass in eine orbitale Umlaufbahn gelenkt, die dem Zuhörer endlich den Aha-Effekt schenkt. Dieser Tango Liber ist nicht nur frei, sondern völlig entfesselt – losgelöst von Zeit und Raum und bereit, neue Verbindungen einzugehen. Die daraus entstehenden Konglomerate sind das, was die Musik von Tango Transit ausmacht. Ihre universale Mitte und treibende Kraft ist Martin Wagner mit seinem Akkordeon. Als Musiker, Komponist, Arrangeur und Band-Gründer hält er die Fäden in der Hand und treibt sein meist Kraft- und Lautstärke betontes Spiel mit dem Schlagzeuger (Andreas Neubauer) und dem Kontrabassist (Hanns Höhn). Weil auch seine Partner versierte und -man könnt bei dieser kraftvollen Musik fast sagen bestens durchtrainierte - Solisten sind, gelingen ausufernde Freiläufe und behutsame Annäherungen, gegenseitige Befeuerungen und seltene Entschleunigungen genauso überzeugend wie die immer wieder wohl platzierten Überraschungsmomente der Stille oder des Stilbruchs. Fragt sich nur: welcher Stil? Das sieht das Trio Tango Transit ganz gelassen: Dort, wo der Tango mehr durchdringt, könne man es einfach Jazz nennen, so ihr Vorschlag, den sie mühelos auf orientalische Stimmungen („A Night in Egypt“), übermütige Schwingungen („Early Bird“), augenzwinkernde Lautmalereien („Fat Cat“) , einen „depressiv-verzweifelten“ Walzer („Vienna April“), ja sogar eine einlullend-lyrische Schlafmelodie ausdehnen. „Wer wagt, gewinnt“ könnte das Motto des Trios heißen. Weil die drei selbst so viel Spaß an ihrer mitunter experimentellen, auf jeden Fall originellen grenzüberschreitenden Musik haben, dürfen sie sich nicht nur als Champions ihrer Instrumente, sondern auch als Gewinner eines aufgeschlossenen Publikums fühlen. In Landau war der Applaus fast so heißblütig wie ihre Musik. (ttg)

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