Rheinpfalz Umhauende Wirkung nach kurzer Zeit

Vorsicht beim Feiern: Die Polizei warnt vor Fastnacht vor K.o.-Tropfen in Getränken (links). Die sind geruch- und geschmacklos u
Vorsicht beim Feiern: Die Polizei warnt vor Fastnacht vor K.o.-Tropfen in Getränken (links). Die sind geruch- und geschmacklos und daher kaum vorher zu bemerken. Foto: DPA,

Sie sind geruch- und geschmacklos und vor allem gefährlich: sogenannte K.o.-Tropfen. Ein Filmriss nach einer Party, das ungute Gefühl, am Abend zuvor die Kontrolle verloren zu haben, nicht zu wissen, was passiert ist und mit wem man die Bar verlassen hat – so beschreiben Polizei und Ärzte die häufig auftretende Situation am nächsten Morgen. Der Nachweis der verschiedenen Substanzen in Blut oder Urin ist nur kurz möglich. Das erschwert die Ermittlungen, genauso wie der häufig begleitende Alkoholkonsum der mutmaßlichen Opfer.

„Strafrechtlich ist es eine große Bandbreite bei K.o.-Tropfen. Das kommt stark auf die Intention des Täters an“, sagt Polizeisprecher Bernhard Christian Erfort. Raubüberfälle, sexuelle Nötigung, Körperverletzungsdelikte oder Vergewaltigung spielten beim Einsatz solcher Substanzen eine Rolle. „Wir haben in der Westpfalz keinen bestätigten Fall von K.o.-Tropfen“, erklärt er. Erkenntnisse über Verbrechen, die unter dem Einfluss dieser Mittel begangen wurden, häufig auch als Liquid Ecstasy bezeichnet, sind daher kaum möglich. Verdachtsfälle hätten die entsprechenden Kommissariate zwar immer wieder überprüft, „aber wir können K.o.-Tropfen dabei nicht bestätigen, auch nicht ausschließen, da sie nur sehr flüchtig nachweisbar sind und auch in allen Fällen Alkohol und oder andere Drogen im Spiel waren“, sagt er. Das Polizeipräsidium Westpfalz warnt kurz vor Fastnacht aber eindringlich davor, das eigene Glas beim Feiern unbeaufsichtigt zu lassen. „Passen Sie auf Ihr Getränk auf, holen Sie unbedingt Hilfe, wenn Ihnen auf einmal schlecht wird, egal ob beim Disko-Personal oder bei Freunden“, sagt Erfort. Um sich zu schützen, sollten Getränke nur von einem selbst bestellt und entgegengenommen, keine offenen Getränke von Unbekannten angenommen werden und Freunde sollten aufeinander aufpassen, sodass niemand plötzlich isoliert in eine hilflose Situation gerate. „Es handelt sich bei K.o.-Tropfen nicht um eine Substanz alleine, sondern um viele verschiedene“, erklärt Christine Keßler. Sie ist Leiterin der Zentralapotheke am Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern. So gebe es darunter verschreibungspflichtige Medikamente, aber auch frei verkäufliche Stoffe. Allen gemein sei ein narkotisierender Effekt. „Je nach Dosierung und Konstitution der Person, kann das Opfer das Bewusstsein verlieren, eine Atemdepression oder sogar einen Atemstillstand bekommen“, sagt Keßler. „Die K.o.-Tropfen sind weder zu schmecken noch zu riechen, daher besonders gefährlich“, sagt Polizeisprecher Erfort. Bei einem „Schwindelgefühl, Übelkeit oder plötzlich auftretender Müdigkeit sollte die Person schnellstmöglich Hilfe holen“, erklärt sie. Denn die unterschiedlichen Mittel „sind sehr schnell wirksam, das kann von ein paar Sekunden bis zu einigen Minuten dauern, je nach Person“. Dann haue es die Person tatsächlich wortwörtlich um. Natalia Knorr, Oberärztin in der Zentralen Notfallambulanz (ZNA) des Klinikums, hat in ihren über zehn Berufsjahren „noch nie einen Todesfall oder einen komatösen Patienten durch K.o.-Tropfen gesehen. Was wir hier häufiger sehen, sind Menschen, die zu viel getrunken haben“, sagt sie. Tests auf verschiedene Drogen oder auch auf „legal highs“, also legal zu konsumierende Stoffe mit berauschender Wirkung, werden in der ZNA nur gemacht, „wenn es einen medizinischen Grund gibt“ erklärt Knorr. Täglich würden Patienten eingeliefert, bei denen Blutalkoholwerte von über zwei Promille keine Seltenheit seien. „Die Patienten sind dann teilweise bewusstseinsgemindert oder anfangskomatös“, sagt Knorr. Gerade an den Wochenenden häuften sich solche Fälle. Oft äußerten gerade junge Personen, die vom Feiern kämen, die Vermutung, dass auch K.o.-Tropfen im Spiel gewesen seien. Junge Männer oder Frauen, die in Diskotheken feiern und anschließend mit einem Filmriss in der Zentralen Notfallambulanz stehen, seien der Klassiker. „Wenn der Patient aber stabil ist, dann muss er eine Anzeige erstatten und die Polizei kümmert sich. Dann wird die Person beispielsweise gynäkologisch untersucht. Die forensische Seite ist nicht unsere Baustelle“, berichtet Knorr von dem Vorgehen, wenn ein Mädchen zum Beispiel den Verdacht äußere, unter K.o.-Tropfen vergewaltigt worden zu sein. Der erlebte Kontrollverlust löse bei vielen Betroffenen Angst und Unsicherheit aus, weswegen sie in die ZNA kämen. Was davon auf die Wirkung von K.o.-Tropfen oder aber auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen sei, sei nur schwer zu klären. Viele würden auch unter Alkoholeinfluss Dinge tun, die sie sich im Nachhinein eigentlich nicht vorstellen könnten. Auch für erfahrene Ermittler sei es da schwierig, herauszufinden, was genau passiert ist, erklärt Polizeisprecher Erfort. In der ZNA des Westpfalz-Klinikums werden für die Fastnachtstage keine besonderen Vorkehrungen getroffen: „Wir arbeiten mit der normalen Wochenendbesetzung“, sagt die Oberärztin.

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