Rheinpfalz Sozialabgaben in großem Stil veruntreut?

Mannheim. Um rund 873.000 Euro soll ein Mannheimer Bauunternehmer zwischen März 2009 und April 2013 die Sozialversicherungen betrogen haben. Seit gestern musste er sich deshalb wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim verantworten.

Der 47-Jährige hatte im März 2009 eine Baugesellschaft gegründet. Laut der Anklage von Staatsanwalt Sebastian Lückhoff wurden bei der Gründung der Gesellschaft 14 Rumänen als Gesellschafter eingetragen. In den folgenden Jahren seien insgesamt 293 Rumänen als Gesellschafter in die Firma eingetreten, die meisten nach einiger Zeit wieder ausgetreten. Tatsächlich seien die Rumänen jedoch keine Gesellschafter gewesen, sondern hätten für den 47-Jährigen auf Baustellen gearbeitet, führte der Staatsanwalt aus. Gesellschafterliche Befugnisse hätten sie keine gehabt. Das Konstrukt habe lediglich dazu gedient, dass der 47-Jährige für seine Mitarbeiter keine Sozialversicherungsbeiträge abführen muss.

Das gleiche Ziel habe der Mannheimer, der gebürtiger Rumäne ist, mit einer weiteren Variante verfolgt. Ab Januar 2012 habe er rumänische Subunternehmer mit Arbeiten auf Baustellen beauftragt. Die Betriebe seien aber nur Scheinfirmen gewesen und die Subunternehmer abhängig Beschäftigte des Mannheimers.

Die Staatsanwaltschaft schätzt, dass der Unternehmer auf diese Art und Weise zwischen März 2009 und April 2013 knapp 2,3 Millionen Euro Lohn ausgezahlt hat, ohne dafür Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Eine genaue Summe konnte nach Angaben von Lückhoff nicht ermittelt werden, da in dem Unternehmen nur unvollständige Unterlagen gefunden worden seien. Hauptgeschädigte ist laut Anklage die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK).

Wie der Staatsanwalt auf Anfrage mitteilte, gab es bereits 2009 einen Hinweis eines Auftraggebers des Bauunternehmers auf Unregelmäßigkeiten bei der Baufirma. Im Zuge der weiteren Ermittlungen habe sich der Verdacht dann erhärtet. Seit August 2013 sitzt der 47-Jährige in Untersuchungshaft. Gegen die rumänischen Arbeiter, die er beschäftigt hat, wird nach Angaben des Staatsanwalts nicht ermittelt. Es gebe keine Erkenntnisse, dass sie wissentlich die Straftaten mitgetragen hätten.

Sogenannte Nebenbeteiligte in dem Verfahren ist die rumänische Schwiegermutter des Angeklagten. Ihr gehört in der Pfalz ein Haus, das nach Ansicht der Staatsanwaltschaft von dem ergaunerten Geld gekauft wurde. Wenn das bewiesen wird, könnte der Frau das Haus zur Wiedergutmachung eines Teils des Schadens abgenommen werden.

Auf Anregung von Rechtsanwältin Daniela Hein führten die Juristen schließlich ein sogenanntes Rechtsgespräch. Wie die Vorsitzende Richterin Claudia Kreis-Stephan hinterher mitteilte, wäre der Angeklagte bereit, ein Geständnis abzulegen, wenn er eine Strafe von höchstens drei Jahren bekommt. Von denen sollten zwei zur Bewährung ausgesetzt und ein Jahr in eine Geldstrafe umgewandelt werden. Der Staatsanwalt hält eine Haftstrafe von vier bis viereinhalb Jahren für erforderlich. Das Gericht könnte sich eine Haftstrafe zwischen drei Jahren und drei Monaten und drei Jahren und zehn Monaten vorstellen.

Über diese Angebote können der Angeklagte und dessen Anwälte nun bis zum nächsten Verhandlungstag am Dienstag, 4. Februar, 9 Uhr, nachdenken. (ann)

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