Rheinpfalz „Noch ist die Saison nicht vorbei“

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MANNHEIM. Krise? Welche Krise? Kurz vor 22 Uhr war am Freitag von schlechter Stimmung bei den Mannheimer Adlern nichts zu spüren. Gerade hatte sich die Anspannung der Anhänger in einem Urschrei entladen. Verteidiger Sinan Akdag schoss den amtierenden deutschen Eishockeymeister mit dem Treffer zum 3:2 zum Sieg gegen die Düsseldorfer EG. Trainer Craig Woodcroft lobte die Unterstützung der Zuschauer, und Teamkapitän Marcus Kink beschwor die Einheit von Mannschaft und Fans: „So wie es heute lief, ist die Saison noch lange nicht vorbei!“ Rund drei Stunden zuvor hatte das Stimmungsbild allerdings noch anders ausgesehen. Da dominierte Tristesse bei den treuen Anhängern der Blauweißroten, war von Eishockeyfieber im weiten Rund der SAP-Arena kaum etwas zu spüren. Zu enttäuschend war der bisherige Saisonverlauf der Adler, die zu oft hinter den eigenen Ansprüchen, aber auch hinter den Erwartungen der Anhänger zurückgeblieben waren. „Egal wie’s steht war kein Freibrief“, kommentierten die Fans auf einem Spruchband und zitierten damit aus einem der beliebtesten Lieder der Fankurve während der Meistersaison. Und von den Spielern forderten sie: „Kämpft für Mannheim, kämpft für eure Fans!“ „Warum ich trotzdem noch immer hierherkomme? So genau weiß ich das eigentlich selbst nicht“, sagte Rouven Schwarz vom Fanclub Bully Tor. Nur wenig motiviert gab er vor dem Stehplatzrang Stimmzettel für die Wahl zum „Liebling der Saison“ aus. Seit 1989 geht der heute 43-Jährige zum Mannheimer Eishockey. So gram wie aktuell war er seinen Lieblingen aber noch nie. „Es liegt vor allem daran, dass wir letzte Saison noch gesehen haben, zu was die Mannschaft spielerisch in der Lage ist. Und heute bekommt sie mit einem fast unveränderten Kader keinen Fuß mehr auf den Boden. Das ist schon sehr enttäuschend.“ Auch Martine Hahl (39) sucht nach einem triftigen Grund, warum sie, bis auf wenige Ausnahmen, noch immer regelmäßig in die SAP-Arena kommt und auch bei zwei Auswärtsspielen dabei war: „Hamburg und Köln. Das war okay. Immerhin habe ich dort sogar zwei Siege gesehen.“ Ein bisschen Gewohnheit und auch ein bisschen Pragmatismus treiben sie Woche für Woche ins Bösfeld: „Schließlich ist die Dauerkarte ja bezahlt.“ Innerlich sei die Saison aber schon abgehakt. Das gilt auch für Thomas Morawetz, 48 Jahre, der sein erstes Spiel 1981 im Friedrichspark gesehen hat und seit 1989 Inhaber einer Dauerkarte ist. Sein Gemütszustand lässt sich an seiner Trikotwahl ablesen. „Ich trage eins von meinem Held Bill Lochead.“ Der spielte von 1982 bis ’84 in Mannheim. „Von den aktuellen Spielern kann man ja nichts anziehen.“ Seine Diagnose des bisherigen Saisonverlaufs: „Wir haben eine Mannschaft mit zu vielen Stars und bekommen vor der Runde einen Juniorentrainer. Das konnte nicht funktionieren. Außerdem haben wir einen Manager, der es fertigbringt, Spieler und Trainer schon anzuschießen, bevor sie überhaupt Mannheimer Boden berührt haben“, schimpft er. Damit liegt er auf einer Linie mit Bernd Martin, 57 Jahre, der seit 1975 regelmäßiger Besucher des Mannheimer Eishockey ist. Der flüchtet sich in Sarkasmus: „Natürlich werde ich auch weiter zum Eishockey kommen. Schlechter kann es schließlich nicht mehr werden. Ich bin halt ein bekloppter Adlerfan.“ Ganz so lange ist Sandra Schneiderhan mit ihren 34 Jahren noch nicht dabei, dafür hat sie in dieser Runde bis auf zwei Auswärtsspiele alle Partien der Adler gesehen und zieht ein differenziertes Fazit: „Klar bin ich in dieser Saison etwa 20 Jahre gealtert, aber wirklich schlecht haben die Adler nicht immer gespielt. Es waren auch ein paar unglückliche Niederlagen dabei.“ Ihr Rezept für eine gelungene Saison ist deshalb ganz einfach: „Ich gehe nicht zum Spiel, um die Adler gewinnen zu sehen, sondern weil ich ein Fan der Sportart bin.“ Hoffnung, wie sie Kapitän Kink am Freitag verbreitet hat, gibt zusätzlich der gestrige 4:2-Sieg über die Hamburg Freezers. Die sechs Punkte vom Wochenende haben die Adler und ihre Fans bitter nötig. Sport

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