Rheinpfalz Im „Stickser“ gehen die Lichter aus

In Albessen wird es in der nächsten Zeit wohl ruhiger werden. Bereits zum 30. Juni schließt die Traditionsgaststätte Klein, besser bekannt als „Stickser“. Pächterin Anna Müller übernimmt im August die Weiherhütte in Langenbach.

Der Fünfjahresvertrag mit Ursel und Hans Klein, den Besitzern des „Sticksers“, wäre erst Ende 2015 abgelaufen. Nun ist Anna Müller jedoch erleichtert, dass sie auf eigenen Wunsch früher aussteigen kann – zumal sich die Chance spontan ergeben habe, in der Weiherhütte etwas anderes anzufangen. Die Eröffnung in Langenbach sei für 1. August geplant, kündigt die aus Kalabrien stammende Wirtin an. Wie berichtet, war über das Vermögen des vorherigen Betreibers der Weiherhütte ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, die Gaststätte stand mehrere Wochen leer. Die Weiherhütte gehört den Wasserfreunden Langenbach, die Gaststätte wird vom Angelsportverein verpachtet. Vorsitzender des Vereins ist der langjährige Weiherhütten-Wirt Jochen Conrath, der im April vorigen Jahres nach Reipoltskirchen auf die Wasserburg gewechselt war und den Betrieb in Langenbach unterverpachtet hatte. Anna Müller will dort wie im „Stickser“ gut-bürgerliche Küche anbieten. „Grumbeerworscht“ und „Leberworschtschulschmier“ werden in Kürze in Albessen wohl Legende sein. Falls ein neuer Wirt Interesse zeige, könne die Wirtschaft verpachtet werden, sagt Ursel Klein. Ansonsten gilt: Am Montag ist zum letzten Mal regulär geöffnet, Dienstag ist Ruhetag, und dann haben Pächterin Anna Müller und ihr Mann Michael Urlaub. Dass der „Stickser“ schließt, wird in Albessen mit Wehmut aufgenommen. „Die Gaststätte ist ein belebendes Element im Dorf“, sagt ein Nachbar und Stammgast. Viele Gäste kämen sogar aus dem Saarland und dem Raum Kaiserslautern, denn in vielen Orten gebe es keine Kneipe mehr. Ortsbürgermeisterin Traute Bortscher bedauert: „Eine Institution fällt weg.“ Man könne jedoch stolz sein, dass es in dem kleinen Dorf so lange eine Gastwirtschaft gegeben hat. 1893 hatte Hans Kleins Urgroßvater dort angefangen. Der aus der Straße „Stücks“ in Konken stammende Landwirt hatte nach Albessen geheiratet – daher der Name „Stickser“. Spezialität war ein Schnaps aus Topinambur, der „Pferdepenzwehschnaps“, erzählt der 78-Jährige Hans Klein gern. Er gehört sozusagen zum Inventar, rund 60 Jahre hatte er die Tradition hochgehalten, zuerst mit der Mutter, später mit Ehefrau Ursel. 2011 verpachtete das Ehepaar an Anna Müller aus Osterbrücken. Geöffnet war täglich außer dienstags ab 11 Uhr. Geholfen hat im Service Ehemann Michael, auch der Sohn und eine Aushilfe waren engagiert. Die Gastwirtschaft mit 40 Plätzen und einem großen Saal mit etwa 80 Sitzplätzen – sowie dem im Sommer beliebten Freisitz inklusive freundlichem Katzen-, Hühner- und Entenbesuch und frischen Gartenblumen auf dem Tisch – war auch für Vereine und verschiedene Stammtische ein beliebter Treffpunkt. „Von jedem Dorf ein Köter“, beschreibt Hans Klein noch heute die munteren Runden frech. Da waren die Kochbräu-Ruheständler und Schafkopfspieler, auch die Dorfjugend traf sich in der Kneipe. Und einmal im Monat hielt die Konker Pfarrerin Gottesdienst im Saal. Dieser stand ebenso den Fidelen Dorfmusikanten als Übungsraum zur Verfügung. Der Gemeinderat wurde dort mit Frikadellenbrötchen bewirtet, auch Beerdigungsgesellschaften waren willkommen. Im Mehrzweckgebäude der Gemeinde könnte es laut Bortscher nun eng werden. „Hier kann man sich auch mit Gummistiefeln an den Tisch hocken“, sagte einst ein Besucher der RHEINPFALZ. Irgendwie schien im „Stickser“ die Zeit stehengeblieben zu sein. Und vielleicht war es gerade das, was die Besucher neben den perfekten Bratkartoffeln dort so schätzten. (suca)

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