Kultur Südpfalz Fotografien: Bis zu zehn Stunden Belichtungszeit

Aus dem Dunkel funkeln kleine Lichter heraus, winzige Inseln in Rot und Grün. Das Licht einer Laterne leuchtet ein Regal aus, bestückt mit einer Batterie aus Behältern. Was sich im Dunkel verbirgt, was wohl in den zahllosen Dosen und Flaschen sein mag, überlässt die Künstlerin Simone Demandt in ihrer Fotografie-Serie „Dunkle Labore/Labs overnight“ der Fantasie des Betrachters.

Im Forum der Städtischen Galerie lassen die „Dunklen Labore“ in jedem Sinne des Wortes „tief blicken“. So heißt auch die Ausstellung, in der bis zum 7. Juni diese Arbeiten aus dem Werk Simone Demandts zu sehen sind. Die Preisträgerin des Hanna-Nager-Preises 2015 beherrscht ihr Handwerk, schließlich richtet sich die Auszeichnung nicht an den Nachwuchs, sondern an gereifte Künstlerinnen über 40. Durch das gewählte, sehr großflächigen Format vermitteln die Bilder eine räumliche Vorstellung. Fast meint der Betrachter, in diesen Räumen zu stehen. Filmfantasien entstehen im Kopf: was würde zum Beispiel der Raum enthüllen, dessen Wände und Decken wie ein Gitternetz wirken? Sie spiegeln das kalte bläuliche Licht, das auf dem Boden einen mystisch erscheinenden Kreis bildet. Treffpunkt einer okkulten Sekte? Der geheime Raum, in dem ein Wahnsinniger schreckliche Dinge anstellt? Tatsächlich handelt es „nur“ um das Strahlungsprüfungslabor des TÜV Rheinland. Demandt hat in der von 2008 bis 2010 entstandenen Serie eine raffinierte Auswahl getroffen. Nachts erscheinen die Labore der Experimentalphysik am Karlsruher Institut für Technologie wie etwas Außerirdisches, das gerade entdeckt wird. Der Zauber des Geheimnisvollen, den Demandts Aufnahmen ausstrahlen, entstand durch die lange Belichtungszeit von acht bis zehn Stunden. Die Künstlerin überließ ihre Kamera nachts im Labor sozusagen sich selbst, mit faszinierendem Ergebnis. Dass Labore solche Möglichkeiten in sich bergen, würde allerdings kaum jemand vermuten, der diese Funktionsräume bei Tag sieht. Das in der Ausstellung „tief blicken“ ebenfalls ausgestellte Arbeitsbuch der Künstlerin verrät nicht nur die profane Wahrheit über die Labore bei Tag, man sieht wie Simone Demandt vorgeht und stellt fest, dass sie sogar aus einem Sack Kartoffeln Kunst machen kann. Einen Stock höher wartet das eigens für die Städtische Galerie geschaffene Werk des zweiten Preisträgers. David Semper erhielt den Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung. Der junge Künstler hat Malerei und Grafik an der Kunstakademie in Karlsruhe studiert und bezieht sich in seinen Arbeiten direkt auf den Raum vor Ort und dessen Geschichte. Wo heute die Städtische Galerie und das ZKM moderne, zeitgenössische und mediale Kunst präsentieren, war einst eine Munitionsfabrik. Sempers zurückhaltende, mehrteilige Installation „Giornata“ wird bis zum 5. Juli im Obergeschoss gezeigt. Und wenn man schon da ist, lohnt der Gang durch die Ausstellung „ALLE!“ des Künstlerbundes Baden-Württemberg, die bis zum 24. Mai präsentiert wird. (nl)

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