Kultur Südpfalz Ein roter Faden für die Lesung

Die Handlung ihres neuen Romans „Die Hunde im Souterrain“ sei so komplex, spiele an mehreren Orten und in unterschiedlichen Zeiten, deshalb könne sie bei einer Lesung nicht, wie sonst üblich, ein einziges Kapitel vortragen. Das erläuterte die Schriftstellerin und Journalistin Gabriele Weingartner zu Beginn der Lesung aus ihrem neuen Roman „Die Hunde im Souterrain“, die Teil der Landauer Büchereitage war.

„Ich habe mir selbst einen roten Faden durch den Roman gelegt und hoffe, dass sie mir dadurch ein bisschen besser folgen können“, sagte Weingartner zum Start der exakt eine Stunde dauernden Lesung. „Man müsste das Buch bereits gelesen haben“, stellte eine Zuhörerin am Ende fest, dem stimmte die Autorin zu. Vielleicht gab es deshalb zunächst keine Fragen aus dem Publikum. So blieb auch unausgesprochen, inwieweit der Roman autobiografische Züge aufweist. Gabriele Weingartner, die 1948 in Edenkoben zur Welt kam, hat in Berlin und in Boston Germanistik und Geschichte studiert. 20 Jahre lang lebte die Literaturkritikerin in St. Martin in der Südpfalz. Seit 2008 lebt Weingartner in Berlin. Als die Besucher schon im Aufbruch waren, fragte eine Frau dann doch noch nach der Bedeutung des Titels. Daraufhin erklärte die Autorin, dass dies ein Zitat aus dem Briefwechsel von Thomas Mann mit dessen ein Jahr jüngerem Schulkameraden Otto Grautoff sei. Ihr Buch orientiere sich an dem Briefwechsel und vieles in dem Roman beziehe sich auf Mann. Der habe ebenso gegen „die Hunde im Souterrain“ gekämpft wie ihr Protagonist Ulrich. „Überhaupt hat die Liebe zwischen Felice und Ulrich viel mit Thomas Mann zu tun“, so Weingartner. Wenn Mann darüber sinnierte, wie er „die Hunde im Souterrain an die Kette legen“ könne, habe der Schriftsteller auf seine mutmaßliche homophile Veranlagung an und die Versuche, diese zu unterdrücken angespielt, glaubt Weingartner. In dem Roman von Weingartner zerbricht Ulrich an seiner homophilen Neigung. Insgesamt wirft der Inhalt einen kritischen Blick auf die Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, die Autorin lässt darin anklingen, dass die sogenannten Achtundsechziger-Revolten bei Weitem nicht die gesellschaftlichen Befreiungen ausgelöst hätten, für die sie bis heute idealistisch gelobt und gefeiert würden. Weingartner schreibt aus der Sicht von Felice. Schildert unter anderem die Begegnung von Felice mit einem Universitätskollegen von Ulrich, der nicht in den Vietnamkrieg ziehen wollte, und einem polnischen Studenten, der 1968 wegen antisemitischer Verfolgung seine Heimat verlassen musste. Zu den Auszügen des Romans, die Weingartner in der Stadtbibliothek las, gehörte auch eine Begegnung Felices mit Leonard Bernstein. Den Seelenzustand Ulrichs gab jene Stelle preis, als Felice aus ihrer Sicht ein Kindheitstrauma des Ehemannes beleuchtet. Auch als Weingartner Felice sich an eine Vorlesung über Ambiguität erinnern lässt, verweist die Mehrdeutigkeit von Begriffen und Sätzen auf die innere Zerrissenheit des Protagonisten.

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