Kultur Südpfalz Ein bisschen Dada

Das 100. Geburtstagsjahr zu Dada ist fast zu Ende, da zündet das Künstlerhaus Edenkoben noch einmal ein Feuerwerk dadaistischer Darbietungskunst samt umfassendem Rückblick auf die Szene, die durch deren Pirmasenser Gründer Hugo Ball ja auch eine Heimat bei uns hat. Ein dreifaches Dada auf Norbert Lange und Tobias Amslinger, die diese Sonntagsmatinee als bestens eingespieltes Dada-Duo zur hellen Freude des Publikums sehr genussvoll zelebrierten.

Was ist Dada? Die Weltseele? Der Clou? Eine Geldanlage? Ein Kinderreim? Eine Religion? War Dada schon immer da? Wird es unsterblich sein? Braucht es den Reim? Auf jeden Fall kann man sich auch heute, genau 100 Jahre nachdem Hugo Ball und seine Frau Emmy Hennings mit der Gründung des legendären Cabaret Voltaire in Zürich den Grundstein für den Dadaismus legten, viele Reime auf diese literarische Stilrichtung machen, die den Stil so ganz verweigerte, auf ihre Art aber doch so stilvoll daherkam, dass sie Hugo Ball später als zu „bourgeois“ ad acta legte. Bei seinem Manifest zum 1. Dada-Abend 1916 hatte er noch gesagt. „Dada ist eine neue Kunstrichtung ... perfekt, um Komplikationen vorwegzunehmen“. Und konkretisiert: „Auf die Verbindung kommt es an und dass sie vorher ein bisschen unterbrochen wird.“ Begonnen hatte alles aber eigentlich schon zwei Jahre vorher in München, wie Norbert Lange und Tobias Amslinger in ihrem chronologischen Abriss mit grandiosen Kostproben lautmalerischer Gedichtinterpretationen belegten. Damals entstanden nämlich schon die ersten Gedichte als „quatschiges Spiel mit Wörtern“, denen bedeutungsschwangere Untertöne mit Blick auf die politische Lage nicht fehlten. Dazu zählen die „HaHuBaley-Gedichte“, in der die Namen und Autorenschaften von Hugo Ball und Hans Leybold (der sich schon 1914 kriegstraumatisiert das Leben nahm) verschmolzen. Später, in der neutralen Schweiz, als das „Label Dada“ geboren war, glänzte Ball gar mit „Versen ohne Worte“, Tristan Tzara rezitierte gemeinsam mit Richard Huelsenbeck und Marcel Janko – pfeifend, sprechend, singend – ein poème simultan. „Dadaismus klingt doch viel besser als Futurismus“, war man sich damals einig, verfasste „Negerlieder“, die die Kolonialgeschichte widerspiegelten, Lautgedichte, die von Rhythmus und Klang lebten und auch religiöse Elemente bargen und trug den Dadaismus in die Welt – nach Paris, New York, Berlin. Dort aber waren sich nicht alle Protagonisten grün, verrieten die Rezensenten, die bei ihrer dadaistischen Zeitreise auch Freundschaften und Kollaborationen darlegten und aus manchem Briefwechsel zitierten. So konnte Huelsenbeck seinen Autorenkollegen (und Bildenden Künstler) Kurt Schwitters partout nicht leiden und verwehrte ihm gar die Aufnahme in den Dadaisten-Club. Raoul Hausmann ließ sich nicht schrecken, hegte große Sympathie für den Geächteten, der ihm ein Freund fürs Leben werden sollte. Immerhin ist es der Aversion Huelsenbecks zu verdanken, dass Schwitters, der bevorzugt mit den Mitteln der Collage arbeitete, seinen eigenen Dada-Stil kreierte, der fortan unter dem Namen Merz (als Wortsilbe von Kommerz) sein Unwesen trieb. Sein Tipp zur Geldanlage in Dada ist famos, seine zur „Ursuppe“ zusammengebrauten, fast sinfonisch-blubbernden Betrachtungen zur damals chaotischen Finanzwelt auch heute noch eine heilsame Kost, die vom Dada-Duo Lange/ Amslinger genau wie alle anderen hanebüchenen Texte in genau der richtigen Mischung aus Seriosität und Banalität servierte wurde. So fühlten sich die Gäste des Künstlerhauses mit Raoul Hausmann ganz dadaistisch „beschwingt, von unserem Geiste entzückt“ und ein bisschen dem Alltag entrückt. |ttg

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