Rheinpfalz „Das ist kein Hexenwerk“

Sternekoch Sören Anders (Mitte) erklärt Manfred Herweck (von links), Beate Schnur, Dagmar Herweck und Barbara Bechthold, wie das
Sternekoch Sören Anders (Mitte) erklärt Manfred Herweck (von links), Beate Schnur, Dagmar Herweck und Barbara Bechthold, wie das Wildgulasch zart wird.

Ein Hauch von Haute Cuisine wehte am Mittwochabend in der urigen Gaststätte „Zum Käpt’n“ in Bottenbach: Der Karlsruher Sternekoch Sören Anders war auf Einladung der Landfrauen und der Jägerschaft nach Bottenbach gekommen, um ein regionales Produkt vorzustellen: Wild. In einer Art Crashkurs erklärte er rund 60 Teilnehmern, was sich daraus alles machen lässt.

Bedächtig löffeln die Teilnehmer die dunkelbraune Flüssigkeit aus ihren kleinen Gläschen. Leises Gemurmel gesellt sich zu dem Klirren des Geschirrs: „Da ist doch Rotwein drin“, sagt eine Frau an einem der langen Tische zu ihrer Sitznachbarin. Diese überlegt. „Kann sein. Auf jeden ist es mit Zimt gewürzt. Vielleicht auch mit Nelken. Schmeckt auch nicht unbedingt nach Wild“, stellt sie schließlich fest. Sören Anders hat seinen Gästen gerade den ersten Gang des Abends serviert: Wildessenz mit Selleriestreifen. Ein Gericht, das Zeit braucht: Stundenlang muss die Brühe auf Basis von Rehknochen langsam vor sich hin köcheln, danach muss das Ganze noch geklärt werden, damit es die schöne klare Farbe der Essenz erhält. „Bei dem Gericht können Sie nebenher Fenster putzen, stricken, ein Buch lesen“, erklärt Anders. In den rund zwei Stunden, die der Sternekoch in der Gaststätte referierte, wäre eine Essenz also nicht entstanden. Als Mitmach-Kochkurs war die Veranstaltung jedoch ohnehin nicht geplant, wie Beate Schnur, Vorsitzende des Landfrauenvereins Bottenbach, erklärte: „Das wäre auch mit weniger Teilnehmern von den Räumlichkeiten her unmöglich geworden“, sagte sie mit Blick auf die kleine Gaststättenküche, in der Anders und eine Handvoll fleißiger Helfer den ganzen Abend über schwitzten. So war das Ganze eher ein Vortrag mit Verkostung. Die Gäste scheint das nicht zu stören, sie lassen sich Wildschweinschinken, Hirschgulasch mit Semmelknödel oder Hirschrücken mit Dörrobstchutney und Pistaziennocken schmecken. Jedes Mal, wenn Anders aus der Küche kommt, verstummen die Gespräche schlagartig und die Teilnehmer hängen an den Lippen des Profis, der ihnen zum Beispiel erklärt, wie sie ein Stück Rehrücken braten, damit es innen rosa und saftig wird: Etwa mit der Niedriggarmethode, bei der das Fleischstück so lange bei rund 80 Grad im Ofen bleibt, bis es eine Kerntemperatur von zirka 54 Grad hat. Ein Anliegen des Sternekochs: den Teilnehmern die Angst vor dem Kochen mit Wild nehmen. Im Laufe des Abends betont er immer wieder: „Wild zuzubereiten ist kein Hexenwerk. Es ist egal, ob Sie ein Stück Wildfleisch oder Rind oder Schwein haben: Wichtig ist die Sorgfalt bei der Zubereitung.“ Der 31-Jährige, der in Karlsruhe das Restaurant „Anders auf dem Turmberg“ betreibt, hat seit seinem 16. Lebensjahr einen Jagdschein. Er geht regelmäßig zur Jagd – auch in der Nähe von Bottenbach, woher der Kontakt zur örtlichen Jägerschaft kommt, die ihn zur Veranstaltung in der Gaststätte animierte. Die Tiere, die er erlegt, verarbeitet der Sternekoch natürlich selbst, wie etwa einen Wildschweinschinken, den die Gäste probieren durften. Auf einen Aspekt beim Thema Wild legt Anders großen Wert: „Das ist ein regionales Produkt, das ohne Massentierhaltung entstand. Man kann sich anschauen, wo und wie die Tiere gelebt haben, bevor sie auf den Teller kamen.“ Am Ende des Abends hat er noch eine Bitte an die Teilnehmer: „Im Wald laufen nicht nur Rehrücken herum, sondern ganze Tiere. Also verarbeiten Sie bitte das ganze Tier.“

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