Kultur Südpfalz Da bekommen die Gedanken Flügel

Andachtsvolle Stimmung schufen die Landauer Liederleute am Donnerstagabend in der Kirche des Pfalzklinikums in Klingenmünster mit ihrem Konzert „Klage und Zuversicht“. „Am Beginn des Frühlings“, wie Chorleiter Matthias Kreiter ausdrücklich betonte, fügten sie Lieder und Lyrik aneinander, die die Zusammenhänge zwischen beiden Gefühlswelten darstellen und klarlegen sollten.

Klage nämlich, so Kreiter – der auch evangelischer Pfarrer ist –, sei immer konkretes Benennen von Unrecht. Es eröffne aber auch Zuversicht auf ein Ende der Bedrängnis und ein Leben der Gerechtigkeit, des Friedens und der Toleranz. Das Programm bestand unter anderem aus mehreren Kompositionen mit Psalmliedern als Grundlage. Mit Felix Mendelssohns Vertonung des Psalms 22 als Mittelpunkt gelang dem Chor eine überzeugende Interpretation. Der Klageruf „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ erklang aus unterschiedlichen Stimmgruppen in feiner Herausarbeitung der verschiedenen Stimmstärken als besonders lehrreiches Beispiel für die Stärken des Chors. Dies gilt freilich durchweg auch für die anderen Stücke des sorgsam ausgewählten Programms, etwa für dasjenige Werk, ebenfalls von Mendelssohn, das den Trost besonders anmutig ausspricht, wenn vom Befehl Gottes an die Engel die Rede ist, „dass sie dich behüten auf all deinen Wegen“. Ausgedrückt in hellem, klarem und auch rhythmisch einwandfrei beherrschtem Gesang, der für die große Hingabe an die dem Chor selbstgestellte Aufgabe spricht, gestalteten es die nahezu 50 Liederleute auf eine Weise, die auf die Zuhörer in hohem Maß ansprechend wirkte, ja sie geradezu in ihren Bann zog, selbst wenn dies auch mit einer Komposition geschah, in der die rhythmischen Strukturen einander krass zuwiderliefen und die deshalb die Aufmerksamkeit von Sängern und Hörern forderte. Spürbar war die Auseinandersetzung der Hörer mit dem Gebotenen daran, dass Beifall zunächst nur verhalten einsetzte, was wahrscheinlich in einer gewissen Ehrfurcht vor den Werken und dem Aufführungsort begründet war, sich dann aber von Mal zu Mal steigerte und schließlich in rauschenden Schlussapplaus mündete. Klage und Zuspruch waren schließlich Gegensätze, die auch in der Akzeptanz der Hörer verarbeitet werden mussten. Stilgerecht eingefügt in den Abend waren die von Felix S. Felix, Schauspielerin des Chawwerusch-Theaters Herxheim, mit hoher, tadelsfreier Sprachkultur vorgetragenen Texte der Resignation, Mahnung und des Verzichts von Autoren verschiedener Epochen, zuletzt die Lesung eines Briefs von Rosa Luxemburg an eine Vertraute mit der Aufforderung, tapfer, unverzagt und lächelnd durchs Leben zu gehen: „So muss man das Leben nehmen“. Es war ein Abend, an dem die Gedanken Flügel bekamen. Und sie können es wieder morgen, 16 Uhr, bei der nochmaligen Aufführung in der Landauer Marienkirche. (hd)

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