Rheinpfalz Bedrohliche Raserei

Guten juristischen Rat gibt’s vor Gericht auch mal gratis – wenngleich er für den Angeklagten zu spät kam. „Sie hätten besser gleich die 150 Euro gezahlt und die Nachschulung gemacht“, schrieb der Staatsanwalt dem Angeklagten ins Gebetbuch. So kommt die Sache teurer. Weil er mit dem Auto auf einem Feldweg auf drei Spaziergänger zugerauscht ist, muss ein heute 22-Jähriger 300 Euro Geldstrafe zahlen. Strafrichter und Ankläger am Amtsgericht Kusel sahen den Tatbestand einer Nötigung erfüllt.

Damit aber ist es nicht getan: Am Verurteilten bleiben nämlich auch noch die Verfahrenskosten hängen. Noch sind die nicht zu beziffern, allerdings hat sich die Sache ordentlich in die Länge gezogen. „Das war jetzt schon der siebte Termin in dieser Sache“, stöhnte der Gerichtsvorsitzende. Immer wieder war der Angeklagte nicht erschienen, war mal nicht auffindbar, mal verhindert. So etwas sorgt nicht zuletzt für Verärgerung bei den Zeugen, die stets brav antanzen und unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen. Da kämen sich die Zeugen ja durchaus veralbert vor, wenn er immer wieder sagen müsse, „sie können gehen, der Angeklagte kommt nicht“, äußerte der Richter Verständnis für den Unmut der anderen Prozessbeteiligten. Diesmal, als die Angelegenheit zu einem Ende fand, waren keine Zeugen mehr nötig. Der Angeklagte hatte seinen Einspruch gegen einen bereits ergangenen Strafbefehl mittlerweile auf die Rechtsfolgen beschränkt. Das heißt: Er hatte seine Verfehlung und die Schuld nicht mehr in Abrede gestellt, sondern lediglich die Höhe der Strafe moniert. Oder genauer: die Höhe des Tagessatzes. Es blieb somit bei den 30 Tagessätzen, die das Gericht ursprünglich verhängt hatte. Allerdings wurde der Tagessatz von 30 auf zehn Euro reduziert. Dies, weil der Angeklagte kein Einkommen hat und von Hartz-IV-Leistungen lebt. Somit hatte der Angeklagte mit seinem Einspruch einen Erfolg erzielt. Statt 900 Euro blieben also 300 Euro Geldstrafe, die der Mann in Raten abstottern darf. Damit zeigte er sich einverstanden, auch der Oberstaatsanwalt hatte nichts einzuwenden, womit das Urteil umgehend rechtskräftig geworden ist. Verurteilt worden ist der Mann wegen Nötigung. Der zum Tatzeitpunkt noch 20-Jährige ist nach Überzeugung des Gerichts am Steuer seines Wagens auf eine Gruppe von Spaziergängern zugefahren, um sie dazu zu zwingen, den Weg frei zu machen. Passiert war der Vorfall im Herbst 2013. Trotzdem mutete es seltsam an, dass der Angeklagte jetzt zu Verhandlungsbeginn behauptete, er wisse gar nicht mehr, was ihm da eigentlich zur Last gelegt werde. Dabei sollte die Erinnerung eigentlich durch die ständigen neuen Ladungen und Schriftwechsel mit der Justiz immer wieder wach gehalten worden sein. Wegen der Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß allerdings waren die eigentlichen Geschehnisse an jenem Tag ohnehin gar nicht mehr relevant. „Man kann sich schon vorstellen, wie das gelaufen ist“, sagte der Staatsanwalt. Womöglich seien die Passanten wenig erbaut darüber gewesen, dass da einer mit dem Auto über die Feld- und Waldwege gesaust sei, hätten womöglich absichtlich den Weg nicht freigemacht. Aber dies rechtfertige nicht, noch Gas zu geben und in bedrohlicher Weise auf die Leute zuzufahren. Da der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat 20 Jahre alt war, galt er in den Augen der Justiz noch als Heranwachsender. Erst mit Vollendung des 21. Lebensjahrs wird Erwachsenen-Strafrecht verbindlich angewandt, bei Tätern zwischen 18 und 21 Jahren wird im Einzelfall geprüft, ob Jugendstrafrecht oder das allgemeine Strafrecht Anwendung finden soll. Der gut gemeinte Rat, den die Staatsanwaltschaft zum Schluss parat gehalten hatte, basierte auf einem Güte-Vorschlag, den der Mann noch ausgeschlagen hatte. Kurz nach der Tat hatte die Anklagebehörde dem Beschuldigten offeriert, das Verfahren einzustellen, wenn er bereit sei, 150 Euro zu entrichten und an einer kleinen Nachschulung teilzunehmen. Das allerdings hatte der junge Mann nicht akzeptieren wollen. (cha)

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