Sport WM-Tagebuch: Ein verwunschenes Märchenschloss

Den Kollegen Rolf Bernardi kannte ich schon seit langem vom Sehen, wir liefen uns bei den Spielen der Rhein-Neckar-Löwen immer mal wieder über den Weg. Richtig ins Gespräch kamen wir in Kroatien während der letzten Europameisterschaft, damals machten wir zusammen in Varazdin eine geführte Tour durch die historische Altstadt. Schnell war klar, dass wir die Fahrt nach Dänemark zu den Finalspielen gemeinsam absolvieren würden – und so sind wir gestern kurz vor 11 Uhr in Hamburg aufgebrochen. Mein Mitfahrer wohnt in Bad Kreuznach und arbeitet freiberuflich für verschiedene Radiosender, unter anderem auch für RPR 1. Er war bis zu seiner Pensionierung Leiter einer Realschule und hat sich als Zweitwohnsitz Teneriffa ausgesucht, wo auch seine Frau lebt, die er im vergangenen Jahr heiratete. Der 69-Jährige war früher selbst Handballer und Trainer, während der Fahrt meldet sich sein Freund Armin Emrich, früher Bundestrainer, und möchte wissen, ob sein alter Kompagnon die Niederlage gegen Norwegen schon verkraftet hat. In Jugendzeiten haben die beiden gegeneinander gespielt. Bei einem Glas Wein in Bad Kreuznach wollen sie die Gründe für die Niederlage bald ausführlich analysieren … Die Fahrt verlief problemlos. In einer Raststätte lächelte mich von den Titelseiten der dänischen Zeitungen Superstar Mikkel Hansen an, die Überschrift war leicht verständlich: „Formidabel“. Nach dreieinhalb Stunden waren wir in Skarrild, 25 Kilometer entfernt von Herning. Ich war so aufgeregt, dass ich ein Haus zu früh abfuhr und in einem Gehöft landete. Aber anscheinend war ich nicht der Erste, denn die Besitzerin lotste uns ganz entspannt weiter. Wir erleben diesmal kein Wintermärchen, aber wir sind in einem Hotel gelandet, das an ein verwunschenes Schloss erinnert. Es liegt idyllisch mitten im Wald, alles ist sehr kuschelig. Fünf Kissen liegen auf dem Bett, es gibt keinen Schreibtisch, und weil das Tippen auf der Fensterbank doch anstrengend ist, weist mir die Dame an der Rezeption ein kleines Sitzungszimmer zu. Ich hatte schon einen anderen Raum im Blick – aber das war die Küche meines Schlosses. Keine Chance.

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