Sport Nach der Handball-WM: Was nun?

Hängende Köpfe nach der bitteren Halbfinal-Niederlage gegen Norwegen – bei Uwe Gensheimer, Andreas Wolff, Silvio Heinevetter und
Hängende Köpfe nach der bitteren Halbfinal-Niederlage gegen Norwegen – bei Uwe Gensheimer, Andreas Wolff, Silvio Heinevetter und Jannik Kohlbacher (von links). Heute können sich die Deutschen WM-Bronze holen. Um 14.30 Uhr geht’s gegen Frankreich.

Die deutschen Handballer haben bei der Weltmeisterschaft viele Seiten lang ein Wintermärchen geschrieben. Sie verzauberten das Land, begeisterten in den Hallen und vor den Bildschirmen, obwohl sie das Finale verpassten. Kann der Fußball etwas von ihrem Erfolg lernen?

Das Jahr 2019 ist noch jung, aber vielleicht haben wir schon die traurigste Ehrenrunde des Jahres gesehen. 12.500 Zuschauer in der Hamburger Barclay-Arena applaudierten am Freitagabend 16 sehr, sehr enttäuschten Handballspielern, bei denen nach der 25:31-Halbfinal-Niederlage gegen Norwegen auch Tränen flossen. Jedem war sofort klar: Das Finale bei einer Heim-Weltmeisterschaft zu verpassen, ist brutal. „Das war vielleicht eine einmalige Chance, ein Finale zu spielen. Die Chance haben wir leider nicht genutzt. Auf der anderen Seite hat man die Reaktion der Zuschauer gesehen, die Gesichtsausdrücke, und man hat gemerkt, dass wir einiges erreicht haben in den letzten zwei Wochen für unsere Sportart. Auch gegen Norwegen haben wir um jeden Zentimeter gekämpft, alles auf den Platz gelegt“, sagte Uwe Gensheimer, der am Freitagabend viele Interviews gab.

Spieler bleiben sich treu

Irgendwann fand er auch seinen Humor wieder. „Wie viele Sender habt ihr eigentlich noch“, fragte der Kapitän eine dänische Delegation vor dem x-ten Fernsehinterview. Die Spieler blieben sich treu. Sie gaben auch gegen Norwegen alles, aber das war an diesem Abend zu wenig. Nicht alle waren in Topform, oder: waren in der Form, die nötig ist, um so ein Halbfinale zu gewinnen. Die vermeintliche Breite im Kader war kein Erfolgsfaktor, die Abwehr hatte Probleme. Es waren der Spitzenspieler Sander Sagosen und der Dauerbrenner Bjarte Myrhol, die die Partie prägten. „Wir haben ein Spiel verloren. Es besteht kein Grund, eine Riesenenttäuschung zu haben, sondern vielmehr, das kleine Finale vorzubereiten, aber auch mal zu gucken: Was müssen wir jetzt besser machen, um am Sonntag erfolgreich zu sein. Wenn man gegen Frankreich um eine Medaille spielen kann, dann ist das immer noch das Zweitgrößte. Wir sind mehr als zufrieden mit der Leistung der Mannschaft, wir sind wieder in der Weltspitze“, betonte DHB-Vize Bob Hanning, der Macher, der Anschieber. Hanning, und nicht nur er, vermisste am Freitag die sogenannten leichten Tore eines Julius Kühn, der gern auch mal aus neun, zehn Metern trifft, wegen eines Kreuzbandrisses aber nicht dabei war.

Mix aus Stolz und Enttäuschung

Aber was bleibt denn nun? Zunächst einmal hat die deutsche Mannschaft ihren am Ende desaströsen Auftritt bei der EM in Kroatien wettgemacht – durch einen prächtigen Auftritt auf und neben dem Feld. Die Mannschaft hat sich mit ihrem Trainer Christian Prokop zusammengerauft und zielstrebig auf das große Ziel hingearbeitet. Aus Platz neun bei der EM wird jetzt Platz drei oder vier bei der WM. „Bei uns stellt sich ein Mix aus Stolz und Enttäuschung ein. Wir wollen einen versöhnlichen Abschluss, wir wollen eine Medaille“, betonte Prokop. Ein Paradox? Nein. Die Gepflogenheiten auf dem Feld sind rau, und dennoch gehen die Spieler respektvoll miteinander um, man denke nur an die Szene im Spiel gegen Kroatien, als Uwe Gensheimer und der Riese Zeljko Musa auf den Boden fielen und eng umschlungen sich wieder aufrichteten. Als der Spanier Gedeón Guardiola das Spielfeld der Kölner Arena betrat, herzte und umarmte er erst einmal seinen Vereinskollegen Jannik Kohlbacher von den Rhein-Neckar-Löwen.

"Handball gehört hinter Fußball"

Das sind Schnappschüsse, die viel aussagen über die Handballer. „Wir können es gegen Frankreich besser machen. Wir haben eine neue Euphorie entfacht. Wenn wir genau so weitermachen, dann können wir Handball hinter Fußball etablieren. Handball ist ein cooler Sport, er gehört hinter Fußball“, meinte Patrick Wiencek. Diesen Rückenwind zu nutzen, das ist nun Aufgabe für den Verband, die Vereine, ja auch die Schulen. Die ganz große Bühne gehört heute den Skandinaviern – Dänemark und Norwegen. Ab 17.30 Uhr spielen sie in Herning um den Weltmeistertitel. Auch dann werden die deutschen Spieler ihrem großen Traum noch etwas nachtrauern.

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