Rheinland-Pfalz Freier Eintritt jetzt doch für alle

«Hachenburg.» Ein Kino im Westerwald hat mit einer Provokation der AfD für Aufsehen gesorgt: Am internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) bot es AfD-Mitgliedern freien Eintritt zur Vorstellung von „Schindlers Liste“. Jetzt rudert die Kino-Geschäftsführung zurück: Jeder, der die sieben Euro für den Eintritt nicht aufbringen könne, dürfe den Film nun kostenlos anschauen. Zudem solle es nach der Vorstellung eine Gesprächsmöglichkeit geben.

Zu der Ausweitung des freien Eintritts habe man sich aufgrund der „sogar international hohen Resonanz“ auf das ursprüngliche Angebot an die AfD entschieden, teilten die Betreiber gestern Nachmittag mit. Ihre Begründung: „Das eigentliche Ansinnen des Kinos, den Film einem möglichst breiten Publikum, erneut oder auch eher erstmalig zugängig zu machen, soll wieder in den Vordergrund der öffentlichen Debatte treten.“ In dem 25 Jahre alten Spielfilm von Steven Spielberg geht es um den deutschen Unternehmer Oskar Schindler (1908–1974), der während des Nazi-Regimes mehr als 1000 Juden vor dem Vernichtungslager gerettet hat. Das „vielfach ausgezeichnete Meisterwerk“ sei weltweit ausschließlich am Holocaust-Gedenktag in restaurierter digitaler Fassung zu sehen, heißt es in der Mitteilung des Kinos. Er diene der offensichtlich notwendigen historischen Bildung. „Das Kino möchte damit beitragen, diese Lücke zu schließen.“ Das ursprüngliche Angebot eines freien Eintritts nur für die AfD hatte ein geteiltes Echo gefunden. Kritik kam von der AfD, Lob von der SPD. Fachleute bewerten die Initiative unterschiedlich. Der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge hatte auf Twitter gereizt reagiert: „Ein erneuter plumper Versuch, die AfD in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken!“ Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Joachim Paul, hatte sich für eine Diskussion im Anschluss an den Film ausgesprochen. „Wir sind sehr gespannt zu erfahren, welche Passagen aus unserem Parteiprogramm die Einschätzung rechtfertigen, die AfD würde die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlosen.“ „Das war eine Provokation, wir haben hier schon eine AfD-Szene“, hatte Kino-Geschäftsführerin Karin Leicher erklärt. „Wir behaupten überhaupt nicht, AfD-Wähler seien Nazis“, hieß es auf der Kino-Homepage. „Nach unserer Einschätzung lässt das AfD-Parteiprogramm allerdings doch stark auf eine Verharmlosung der damaligen Ereignisse schließen.“ „Unser Hauptanliegen ist aber der Film“, hatte Leicher betont. Marketing-Gründe steckten nicht hinter der Idee: „Unser Kino läuft auch so gut.“ Ziel sei es vielmehr, Spielbergs Streifen jungen Menschen nahe zu bringen – und gerade die hätten auf die Aktion positiv reagiert. Einen größeren Shitstorm habe es nicht gegeben. Allerdings war auf Youtube darüber fabuliert worden, dass „so ein Sprengsatz ... schnell gelegt“ sei: „Und mit abbem Bein hetzt es sich dann doch ein bisschen schwieriger.“ Nun prüft die Polizeidirektion in Montabaur, ob diese Äußerungen strafrechtlich relevant sind. Kritisch hatte der Marburger Rechtsextremismusforscher Benno Hafeneger auf das Angebot der Kinobetreiber an die AfD reagiert: Er sprach von einem „problematischen volkspädagogischen Angebot“. Der Parteienforscher gab aber auch zu Bedenken: „Wir sind alle noch auf der Suche im Umgang mit der AfD.“ Sowohl in der parlamentarischen Debatte als auch in der öffentlichen Diskussion müssten noch Erfahrungen gesammelt werden. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel hielt die Aktion dagegen für „ganz gut gelungen“, weil diskutiert werde. Dabei gehe es um eine offene Flanke der AfD: „Wenn das eine konservative Partei ist, die sich deutlich abgrenzen will von Rechtsextremen, was ihr nicht immer gelingt, dann ist das ein Anlass, auf ihre Verantwortung hinzuweisen.“ Der Bürgermeister der Stadt Hachenburg mit ihren rund 6100 Einwohnern, Stefan Leukel (CDU), hatte zu Bedenken gegeben: „Man bringt damit eine Partei wieder ins Gespräch, ohne dass sie ein eigenes Thema bringt.“ Der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering dagegen lobte die Aktion auf Twitter: „Sind halt Hachenburger, die Haltung zeigen und mit den Mitteln, die dem Kino zur Verfügung stehen, sich klar positionieren.“ Hachenburg im Westerwaldkreis gehört zum Wahlkreis des SPD-Politikers. Einwurf

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