Rheinland-Pfalz Hitzige Debatte über Gleichstellung

MAINZ. Es war eine hitzige Debatte im gut klimatisierten Plenarsaal des Landtags. Die CDU warf der rot-grünen Koalition ideologische Verblendung in der Gleichstellungspolitik vor. SPD und Grüne konterten, die Christdemokraten betrieben „politischen Klamauk“. Gegenstand des heftigen Streits: eine kurze Textpassage in einem Gesetzentwurf, die inzwischen allerdings gestrichen ist.

Die Vorgeschichte der gestrigen Landtagsdebatte: Rot-Grün plant eine Reform des 20 Jahre alten rheinland-pfälzischen Gleichstellungsgesetzes. Im Frühjahr billigte der Ministerrat in Anwesenheit der Fraktionsvorsitzenden Daniel Köbler (Grüne) und Alexander Schweitzer (SPD) einen entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Hause von Familienministerin Irene Alt (Grüne). In dem 120 Seiten dicken Papier standen auch dreieinhalb Druckzeilen, die politischen Zündstoff bargen. Künftig sollten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge solche Unternehmen bessere Chance bekommen, die sich der Frauenförderung verschrieben haben. Wie in jedem Gesetzgebungsverfahren folgte der ersten Billigung im Ministerrat eine schriftliche Anhörung betroffener Verbände. Aus der Wirtschaft kam Kritik an der Kopplung von Auftragsvergabe und Frauenförderung. Als diese Kritik im Juni öffentlich wurde, überschlugen sich die Ereignisse. SPD-Generalsekretär Jens Guth und SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer ließen sinngemäß wissen, der strittige Passus sei eine Idee der Grünen gewesen und mit der SPD nicht zu machen. Aus Alts Ministerium hieß es zunächst, die Kritik werde geprüft. Einen Tag später ließ die Ministerin erklären, bereits nach Ende der Anhörung Mitte Mai habe sie die umstrittene Regelung aus dem Gesetzentwurf streichen lassen. In Absprache mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) sei dies geschehen, sagte Alt gestern im Landtag. Bedenken aus den Reihen der Koalition habe sie nicht gehört. Es sei ein völlig normaler Vorgang, wenn ein Ministerium nach Kritik im Anhörungsverfahren Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf vornehme. Scharfe Kritik kam gestern auch von Oppositionschefin Julia Klöckner (CDU). Das gesamte Kabinett und die Spitzen der beiden Regierungsfraktionen hätten den ursprünglichen Gesetzentwurf gebilligt. Frauenförderung sei eine gute Sache, im Vergaberecht dürfe sie jedoch keine Rolle spielen. Klöckner warf Rot-Grün vor, „gesellschaftliche Umerziehung“ zu betreiben. Die CDU-Chefin kritisiere Texte, die längst im Papierkorb seien, konterte Jens Guth. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Anne Spiegel, nannte Klöckners Kritik „banal und irrelevant“. Wichtig sei die Frage, wie Frauen Familie, Beruf und Ehrenamt besser unter einen Hut bringen können. Ministerin Alt verteidigte ihre ursprünglichen Pläne: Seit 2014 gebe es eine Verwaltungsvorschrift für die Auftragsvergabe mit ganz ähnlicher Zielsetzung. Dagegen habe es keine Proteste aus der Wirtschaft gegeben. In Berlin und Brandenburg seien vergleichbare Regeln Gesetz. Die Reform des Gleichstellungsgesetzes hat Rot-Grün im Koalitionsvertrag vereinbart. Laut Alt sollen unter anderem die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten gestärkt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst verbessert werden. Das Gesetz soll im Herbst in den Landtag kommen.

x