Rheinland-Pfalz Fred Konrads Trierer Stadtguerilla
Es geschah an einem trüben Abend Mitte der vorletzten Woche. Nach einer Vorstandssitzung der Trierer Grünen schwärmte ein halbes Dutzend Gestalten in der Innenstadt aus. Die fleißigen Wahlkämpfer hatten Schablonen mit dem Namen ihres Oberbürgermeister-Kandidaten sowie Dosen mit Sprühkreide im Gepäck. Etwa 100 Mal sprühten sie „Fred Konrad“ auf Plätze, Wege und Mauern. Am 28. September wird in der Moselstadt ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Und die Grünen schicken dabei ihren Fred Konrad ins Rennen, jenen Mann, den die Zweibrücker als Kommunalpolitiker, die Kuseler als Kinderarzt und viele Rheinland-Pfälzer als Grünen-Landtagsabgeordneten kennen. Seine Jugend hat Konrad in Trier verbracht, jetzt will er im heimatlichen Rathaus ans Ruder. Da könnte es nicht schaden, so dachten sich die Grünen, wenn im Wahlkampf mal Neues erprobt würde. Also griffen sie zur Sprühkreide, um den Trierern den Namen ihres Kandidaten in dezimetergroßen Lettern im Wortsinne nahe zu bringen. Billig sei das, so argumentiert die Umweltpartei, viel umweltfreundlicher als die nervigen Wahlplakate, denn die Kreide sei biologisch unschädlich und nach zwei Regengüssen weg. Wie es der Teufel jedoch wollte, sind zwei der grünen Konrad-Sprüher an jenem Abend der vorletzten Woche ausgerechnet von der CDU-Baudezernentin auf frischer Tat ertappt worden. Und zwei andere Wahlkämpfer besprühten unüberlegt eine Säule nahe der Porta Nigra. „Fred Konrad“ in grünlich schimmernden Lettern an den ehrwürdigen Mauern aus der Römerzeit – das geht in Trier schon gar nicht. Seither hagelt es nicht nur beifällige Zustimmung für den Sprühkampf, sondern auch Kritik an der grünen Farbenfreude. Und dann ist da noch die Stadtverwaltung mit ihren roten und schwarzen Spitzenleuten. Zuerst ist den Grünen „auf dem kleinen Dienstweg“ erläutert worden, dass „Fred Konrad“ auf Wegen und Plätzen eine unerlaubte Sondernutzung des öffentlichen Raums sei – und als solche weder genehmigt noch genehmigungsfähig. Wo kämen wir denn hin, wenn alle ... Das mit dem kleinen Dienstweg hat allerdings nicht geklappt, wollten doch die Grünen nicht Kreide fressen und Einsicht zeigen: Wenn kleine Kinder Hüpfkästchen auf die Straße malen, sei dies auch nicht verboten oder genehmigungspflichtig, meckerte der Kreischef trotzig. Inzwischen hat die Stadtverwaltung den Grünen eine „straßenrechtliche Verfügung“ zustellen lassen. In dem blauen Brief wird angeordnet, dass alle 100 „Fred Konrad“ bis Anfang kommender Woche wegzuwischen sind. Sonst drohen 1000 Euro Ordnungsgeld. Und was sagt Fred Konrad? Eigentlich gar nichts, denn Fred Konrad ist in Afrika. Im rheinland-pfälzischen Partnerland hilft der Mediziner wie häufig in seinem Urlaub, hört über seinen Trierer Wahlkampf nur, wenn er ausnahmsweise schnelles Internet hat. Mit seinen Helfern ist er übereingekommen, keine neuen Namen mehr sprühen zu lassen. Und die Porta Nigra ist vorsichtshalber gesäubert worden. Man weiß ja nicht, ob beim Wahlvolk klammheimliche Freude oder Unverständnis über die Aktion überwiegt. Kleinkriegen lassen wollen sich die Grünen jedoch auch nicht. Rechtsmittel wollen sie einlegen gegen die Verfügung der Stadt. Und schon gibt es Gedankenspiele, der Kandidat könnte nach seiner Rückkehr aus Afrika besonders hartnäckige Kreiderückstände mit Kübelspritze und Schrubber werbewirksam selbst beseitigen. Übrigens: Ärger mit ihrer Stadtverwaltung hätten die Grünen durchaus voraussehen können. Im nordrhein-westfälischen Kommunalwahlkampf in diesem Frühjahr machten unter anderem Linke und Jungsozialisten Wahlkampf, indem sie nächtens „nach Art der Stadtguerilla“ ihre Parolen mit Kreide sprühten. Und dort wurden in vielen Städten der Guerilla die Flügel gestutzt.