Corona Mehr Freiheiten trotz vierter Welle

Mehr Corona-Infektionsfälle in den Kliniken: Trotzdem dürfen Weihnachtsmärkte ohne Beschränkungen stattfinden.
Mehr Corona-Infektionsfälle in den Kliniken: Trotzdem dürfen Weihnachtsmärkte ohne Beschränkungen stattfinden.

Das Infektionsgeschehen verschärft sich und die Sorge vor der Warnstufe Orange wächst. Trotzdem darf es Weihnachtsmärkte ohne Einschränkungen geben. Was die ab Montag geltende neue rheinland-pfälzische Corona-Verordnung mit sich bringt: Einige Lockerungen und zugleich eine Verschärfung.

Am Dienstag hat die rheinland-pfälzische Landesregierung die 27. Corona-Bekämpfungsverordnung auf den Weg gebracht. Eine Übersicht.

Was ändert sich?
Laut neuer Verordnung sollen ab 8. November nur noch Auflagen bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen gelten. Bei Veranstaltungen draußen gibt es nur noch Beschränkungen, wenn Teilnehmer feste Plätze haben, wenn es eine Einlasskontrolle gibt oder Tickets verkauft werden. Dann gilt die Testpflicht. Die Begrenzung auf 25.000 Zuschauende entfällt. Die Kontakterfassung etwa bei Fußballspielen im Freien fällt ebenfalls weg. Und: In Geschäfte dürfen so viele Menschen wie möglich, wenn auch mit Maske – die Begrenzung der Anzahl der Personen (eine pro fünf Quadratmeter), die in gewerblichen Einrichtungen galt, wird gestrichen.

Was bleibt?
Im Innenbereich bleibt es vor allem bei der „2G plus“-Regelung: freier Zugang zu Veranstaltungen oder ins Restaurant für Geimpfte und Genesene (2G) plus einer begrenzten Anzahl von Getesteten. Deren Anzahl ist abhängig von der in der Kommune geltenden Warnstufe. Auch die Maskenpflicht etwa auf den Rängen im Fußballstadion oder beim Betreten der Gastronomie bleibt. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) rechnet damit, dass im November einige Kommunen die Warnstufe „Orange“ erreichen werden.

Für wen kommt eine Testpflicht?
Um Corona-Ausbrüche in den Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen künftig besser in den Griff zu bekommen, muss sich ungeimpftes Personal täglich testen lassen. Auch an der Teststrategie an den Schulen ändert sich nichts. In der aktuellen zweiten Woche nach den Herbstferien werden die Schüler und Schülerinnen noch zweimal in der Woche pflichtmäßig getestet. Danach nur noch einmal beziehungsweise anlassbezogen.

Was gilt für Weihnachtsmärkte?
Die um den 11. November herum anstehenden Martinsumzüge können ohne Schutzmasken, Abstand und Kontakterfassung stattfinden. Das gilt auch für die Weihnachtsmärkte. Erlaubt ist damit theoretisch Budenzauber wie in der Vor-Corona-Zeit: ein unerwartetes Geschenk – trotz steigender Corona-Fälle in den Kliniken? „Massenorgien“ soll es laut eines Regierungssprechers nicht geben. Etliche Kommunen hatten sich bereits vor der neuen Verordnung entschieden, ihren Markt abzusagen oder ihn räumlich zu entzerren. Die Stadt Speyer etwa bleibt bei ihrem Raumkonzept, wird nun aber beim Weihnachtsmarkt auf Maskenpflicht und 3G-Regel verzichten und auch die Anzahl der Personen nicht beschränken.

Wie geht es mit Impfungen weiter?
Corona-Schutzimpfungen, auch die Drittimpfung, sollen nach Vorstellung der Landesregierung weiter vorrangig die rund 2400 niedergelassenen Vertragsärzte übernehmen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach sich gegen den Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aus, die Impfzentren wieder zu reaktivieren. Ergänzend wird jedoch die Anzahl der Impfbusse von sechs auf zwölf verdoppelt. Auch sollen zehn Krankenhäuser zu Impfanlaufstellen für Bürger werden. Welche Kliniken das sind, steht noch nicht fest. Auch die Kampagne für den „Booster“ soll beschleunigt werden.

Wer ist „reif“ für den Booster?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Auffrischungsimpfung für über 70-Jährige. Aber auch Jüngere will das Land motivieren, sich den dritten Nadelstich zu holen, sofern die Zweitimpfung mindestens sechs Monate zurückliegt. Rund 108.000 Menschen im Land haben seit Anfang September den Booster bekommen, fast 87.000 davon in einer Arztpraxis. Insgesamt ist das rein rechnerisch lediglich rund ein Sechstel der Ü-70-Personen. Zahlen für eine Booster-Impfquote nach Altersgruppen kann die Landesregierung nicht vorlegen.

Schaffen die Ärzte die ganze „Impferei“?
Ja, sagen der rheinland-pfälzische Hausärzteverband und die Kassenärztliche Vereinigung im Land. Kritik auf Bundesebene, dass sie das nicht leisten könnten, weisen sie zurück.

Gab es Versäumnisse der Regierung bei der Drittimpfung?
Ja, sagt die Landesvorsitzende des Hausärzteverbands, Barbara Römer. Es brauche eine „einheitliche und gut verständliche Impfaufklärungskampagne“, die habe zuletzt gefehlt. Das Hauptproblem sei auch die „noch viel zu hohe Rate an Ungeimpften“. Kontraproduktiv sind nach Auffassung von Jens Galan, Vorsitzender der Ärztegemeinschaft im Leiningerland (Kreis Bad Dürkheim), die „Versprechungen der Politik“, dass alle Erwachsenen in Rheinland-Pfalz – entgegen der aktuellen Stiko-Auffassung – eine Auffrischimpfung erhalten können. Dies sorge in den Praxen für „unnötige und zeitintensive Diskussionen“ mit den Patienten.

Hier geht es zur – noch – gültigen 26. Corona-Bekämpfungsverordnung

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