Zweibrücken Laster, Lust und Sünde

Nostalgische Fantasien: Die Alte Ixheimer Straße war früher für Zweibrücken so was wie die Reeperbahn für St. Pauli in Hamburg.
Nostalgische Fantasien: Die Alte Ixheimer Straße war früher für Zweibrücken so was wie die Reeperbahn für St. Pauli in Hamburg. Alte Umgänger fantasieren immer noch gerne darüber, wie es früher hier mal war.

Es gab mal wirklich eine Zeit in Zweibrücken, es ist kaum zu glauben, aber da war was los in der Stadt. Da hatte die Stadt ein Nachtleben, das seinem Namen alle Ehre machte. Was früher die Reeperbahn für Sankt Pauli war, das war vor langer Zeit für Zweibrücken die Alte Ixheimer Straße, die damals den Kultnamen „Ixemer“ hatte. Wurde die Abkürzung genannt, dann wusste jeder Bescheid. Die Insider, die damals dabei waren, bekommen heute noch wehmütig feuchte Augen, wenn von der „Ixemer“ die Rede ist.

Jeder will dabei gewesen sein, auch diejenigen, die damals nur mit dem Auto durchgefahren sind, und sich nicht getraut haben, mal kurz beim Tenne-Horst auf ein Bier vorbeizugehen. Jeden Abend, aber besonders freitags, das war damals der obligatorische Zahltag auf dem Bau, als der Lohn noch cash auf die Hand ausgezahlt wurde, war was los, natürlich auch samstags. Hoch ging es her, wenn die GI’s und die Männer der Royal Air Force in die Stadt einfielen, wenn sich Laster, Lust und Sünde in der „Ixemer“ begegneten. Auch der Zweibrücker Nichtspießer stellte sich damals nicht die quälende Frage nach dem Wohin heute Abend, wenn es dunkel wird. In der „Ixemer“ war immer Betrieb. Und der unter Einsamkeit Leidende fand bei den Bardamen immer ein offenes Ohr. Dann gab es welche, die zog es wegen den Preisen hin. Für ein Gedeck, bestehend aus einem Bier und einem Cognac der unteren Preisklasse, bezahlte man damals weniger als heute für ein Weizenbier im Biergarten an der Schließ. Aber die echten Thekenhopper kamen wegen der Bardamen, die einem zwar nichts schenkten, aber immer offenherzig und prall im Leben stehend darum bemüht waren, dass ihre Gäste nicht im Trockenen schmachten mussten. Spezialisten hatten so ganz individuelle Besuchsregeln. Die meisten waren für Gradlinigkeit. Vor Mitternacht links hin, nach Mitternacht rechts zurück, und dann noch auf einen Absacker in den „Leo“, wo manche schon tagsüber in Gemeinschaft Teile des Berufsschulunterrichts verbracht hatten. Andere bevorzugten den Zickzackkurs. Der begann in der Regel in der „Mimosa-Bar“, führte von dort in den „Papa-Klub“. Dann ging es hinüber in die „Scalastube“, und irgendwann, Sperrzeiten wurden damals großzügig gehandhabt, endete die Tour in der „Picnic-Bar“, im „Anker“ oder im „Viktoria“. „Mein Gott, waren das noch Zeiten“, hört man heute noch manchen schwärmen. Jeder heranwachsende Halbstarke, der was auf sich hielt, war stolz darauf, mit einem Barbesuch in der „Ixemer“ prahlen zu können. Und heute, analog zu Udo Lindenbergs Reeperbahn-Hymne, könnte man singen „Ixemer Stroß’, wenn ich dich seh’, ein alter Film, der nicht mehr läuft, ja, das tut weh!“ Trotzdem, die „Ixemer“ lebt weiter bei den alten Umgängern, wenn ihnen mal Mutti wieder erlaubt hat, mit alten Freunden in ihrer Stammkneipe über alte Zeiten zu fantasieren.

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