Zweibrücken Der Zauber, der uns beschützt

Das menschliche Leben von der Kindheit bis zu einem würdevollen Sterben war das Thema des Konzertabends „Gesungenes Leben“. Lyrik, Lesungen und Musik verbanden sich unter der Leitung von Helmut Hofmann-Wagner am Palmsonntagabend in der Zweibrücker Alexanderskirche zu einem Gesamtkunstwerk.

Ebenso breit gefächert waren die Interpreten: Schauspielerin Silvia Bervingas rezitierte; der Zweibrücker Kinderchor und das Vocalensemble Saar musizierten zusammen mit Thomas Girard am Saxofon, Organist Helge Schulz, Eriko Takezawa am Cembalo und einem Kammerorchester der Musikhochschule Saar. Als Stargast wirkte Trompeter Reinhold Friedrich mit, den eine langjährige Freundschaft mit Helmut Hofmann-Wagner verbindet. Seine weltweit berühmte, meisterliche Gestaltungskunst fesselte die etwa 350 Besucher in der Alexanderskirche vom ersten bis zum letzten Ton: In klaren, leuchtenden Klängen, nahezu schwerelos und von unglaublicher Beweglichkeit intonierte Reinhold Friedrich den jubilierenden Auftakt des Konzertes Nr. 1 für Trompete, Streicher und Basso continuo von Johann Wilhelm Hertel, einem Vertreter des empfindsamen Stils der Vorklassik. Überaus faszinierend gestaltete sich das Wechselspiel zwischen Solist und Kammerorchester. Immer wieder gaben sie sich gegenseitig Impulse und kamen miteinander ins Gespräch. Die zügigen, bewegten Tempi des flexibel agierenden Kammerorchesters ließen die klar umrissenen Themenkonturen plastisch hervortreten, ihr verhaltenes Beben unterstrich den Ausdruck des Werkes. Sehr dezent stimmte Friedrich die zart in sich vibrierende Trompetenmelodie des langsamen Mittelsatzes an; die melodischen Triller integrierte er so in den musikalischen Gesamtausdruck, dass sie wie ein verhaltenes Seufzen wirkten, auf das das Orchester antwortet. Unglaublich nuancenreich ausschattiert in Klangfarbe und Ausdruck fiel Friedrichs Trompetensolo dann kommentierend in den Orchestersatz ein, mühelos strömten die Töne mit dem Atem. Ganz selbstverständlich und ungezwungen wirkte auch Friedrichs hochvirtuoses, mühelos gleitendes Trompetenthema in dem sehr expressiven Vivace. Diesem musikalischen Höhepunkt des menschlichen Lebens mit seinen Höhen und Tiefen waren Episoden der Kindheit vorangestellt. „Stufen“ von Hermann Hesse beschrieb in der Vertonung von Helmut Hofmann-Wagner den Abschied von einer Lebensetappe als Hoffnung auf einen Neuanfang: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ Texte des libanesischen Autors Khalil Gibran und von Norbert van Tiggelen beschäftigten sich mit den Bedürfnissen von Kindern und wurden vom Zweibrücker Kinderchor mit großer Innigkeit interpretiert. Den Abschied vom Leben thematisierten die „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz – „das erste deutsche Requiem“, wie Helmut Hofmann-Wagner betont. Wie eine eindringliche Beschwörung voll tiefer Nachdenklichkeit, aber auch Glaubenszuversicht wirkte der Vortrag der Chöre; lautmalerische Klangschattierungen unterstrichen den packenden Ausdruck. Strahlende Trompetenklänge von Reinhold Friedrich unterstrichen die Aussage der Kantate „Jauchzet dem Herren alle Welt“ von Heinrich Schütz. Mit der Wiederholung von „Stufen“ schloss sich musikalisch der Kreislauf des Lebens, den Silvia Bervingas mit ihrer tiefen, volltönenden Stimme in bilderreichen Erzählungen und Geschichten mit Bezügen zu aktuellen politischen Ereignissen und kollektiven Schicksalsschlägen wie der großen Flüchtlingskrise kommentierte.

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