Zweibrücken Bierselige Bildungsbürger gründeten den Historischen Verein

Anton Moser
Anton Moser

Bei einer Feier am Samstag blickt der Historische Verein Zweibrücken auf sein 150-jähriges Bestehen zurück. In Biergärten und Brauereien hatte einst alles angefangen.

Nach der Unterdrückung der liberalen und revolutionären politischen Stimmung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich auch in der Zweibrücker Gesellschaft eine Biedermeier-Atmosphäre, königlich-bayerisch gefärbt. Brauereien konkurrierten in ihren zahlreichen Bierausschänken miteinander, so zum Beispiel die vor wenigen Jahren abgerissene Parkbrauerei und die unweit davon an derselben Straße gelegene Aktienbrauerei Tivoli. Die Stadt war umweht vom Malzgeruch, Militärkapellen spielten in den Biergärten; Gäste kamen aus der ganzen Pfalz zu Schützenfesten angereist.

Neben Militärkapellmeistern und Offizieren mit ihren Einheiten kamen aus dem Königreich Bayern einschließlich der seit 1815 einverleibten Pfalz auch Gymnasialprofessoren und Rechtsgelehrte nach Zweibrücken. Diese arbeiteten hier am Gericht, in Kanzleien oder am humanistischen Gymnasium. Gern versammelten sich die gebildeten Männer aus Militär, Justiz, Industrie, Schule, Kirche und Verwaltung in feucht-fröhlicher Gesellschaft.

Aufführung von Historiendramen

Man besann sich der Geschichte und organisierte Laientheater zur Aufführung von Historiendramen. Förderte Ausgrabungen und sammelte museumswürdige Fundstücke. Es war eine reine Männergesellschaft, die schließlich auch Historische Vereine gründete. Während in Speyer schon 1827 ein solcher für die ganze Pfalz entstand, fand man sich nach der Reichsgründung 1871 auch in Zweibrücken zur Pflege der Regionalgeschichte zusammen. Am 2. Dezember 1873 gründete der Stabsarzt Anton Moser in der Brauerei Buchheit eine Arbeitsgemeinschaft, die sich anfangs „Mediomatriker“ nannte, nach der keltischen Urbevölkerung der Region. Später hieß der Zusammenschluss „Historischer Verein der Mediomatriker für die Westpfalz“. Unter den 20 Gründungsmitgliedern des elitären Zirkels waren kaum Einheimische. Der Verein wuchs in den folgenden 50 Jahren auf 110 Mitglieder an.

Der in Niederbayern geborene Dr. Anton Moser (1831 - 1888) kam als Stabsarzt im 5. königlich-bayerischen Jäger-Bataillon nach Zweibrücken. Als Teilnehmer am Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 und am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 war er Träger des Armee-Denkzeichens 1866, der Kriegsgedenkmünze 1870/71 und des Dienstauszeichnungskreuzes II. Klasse. Weil Moser als „Mann von reichem Wissen und aufopfernder Pflichttreue“ galt, wurde er zum Oberstabsarzt Erster Klasse befördert. Zuletzt diente er als Regimentsarzt am 5. Chevaulegers-Regiments „Erzherzog Albrecht von Österreich“ in Saargemünd. Dort starb er am 14. November 1888 nach kurzer Krankheit mit 57 Jahren. Laut der Todesanzeige war Moser „einfach, schlicht und bescheiden“ und tat „immer und in Allem sein Bestes mit vollster Hingabe an den Königlichen Dienst. Die ihm allseits entgegengebrachte Achtung genoss er im höchsten Grade bei dem Offizier-Corps.“

Eine prägende Figur in den Gründungsjahren des Historischen Vereins Zweibrücken war auch der königliche Advokat und spätere Hofkammerrat Eugen Loew (1823 - 1885). Er hatte den Namen „Mediomatriker“ vorgeschlagen. Die ersten Zusammenkünfte des Vereins fanden in Loews Haus in der Dinglerstraße 7 statt, genau zwischen der Parkbrauerei und der Aktienbrauerei Tivoli.

Treffen in der Dinglerstraße

Der in Berghausen bei Speyer geborene Eugen Loew war das achte von zwölf Kindern des bayerischen Juristen und Staatsbeamten Johannes Loew, der 1832 als Ritter von Loew geadelt wurde. Dieser war Gründungsmitglied des Historischen Vereins der Pfalz in Speyer; 1815 hatte er sich nachhaltig für den Anschluss der Pfalz an Bayern eingesetzt. Mehrere seiner Kinder zogen nach Zweibrücken, wo sie unter anderem bei Theateraufführungen auftraten; eine Tochter leitete den Dramatischen Verein.

Eugen Loew war seit den 1850er-Jahren in Zweibrücken als „kgl. Advokat-Anwalt“ tätig und seit 1870 zusätzlich Vorstand des Verwaltungsrats der Aktienbrauerei Tivoli. Im „Tivoli“ trafen sich führende Männer aus Industrie, Justiz, Verwaltung und Militär. Sicherlich ging auch Loew gerne dorthin, betonte er doch, wie wichtig ihm „die Einigkeit und Gemüthlichkeit der Bewohner Zweibrückens ohne Unterschied des Standes“ sei. 1876 zum kgl. Bezirksgerichtsrat in Zweibrücken ernannt, war Loew Vorstand und Gründungsmitglied des Vorschußvereins, dem Vorläufer der Volksbank.

Als er 1877 nach Sigmaringen als Justizrat berufen und vom Vorschußverein feierlich verabschiedet wurde, mahnte er in seiner Dankesrede die Anwesenden, den „schönen Geist der Eintracht stets zu hegen und zu pflegen“ und ließ zum Schluss seine „zweite Vaterstadt Zweibrücken“ hochleben.

Kreuz vom Orden der Rumänischen Krone

Später zum „Justitiar und Geheimen Hofrat Seiner Königlichen Hoheit des Fürsten von Hohenzollern“ ernannt, erhielt Loew 1883 vom bayerischen König die „Bewilligung zur Annahme und zum Tragen des ihm von Seiner Durchlaucht dem Fürsten von Monaco verliehenen Commandeurkreuzes des fürstlichen Monaco’schen Ordens vom heiligen Karl“. Und 1885 verlieh ihm der König von Rumänien das „Komturkreuz des Ordens der Rumänischen Krone“. Im selben Jahr starb Eugen Loew, „fürstl. Hohenzollern’scher Geheimrath und Hofkammer-Direktor z.D., Comthur und Ritter hoher Orden“ nach längerem Leiden mit 62 Jahren in München.

Beim Verein in Zweibrücken war von Anfang an der königliche Studienrektor Dr. Georg Autenrieth aus Erlangen dabei, der hier 1872 die Leitung des Gymnasiums übernahm. Sein Porträt findet sich auf einer historischen Fotocollage von 1880, die die 20 Gründungsmitglieder zeigt.

Bis 1896 blieb die Vereinigung um Dr. Anton Moser ohne jegliche Regelungen, Satzungen und Beitragsforderungen. Nach Mosers Versetzung 1880 galt Ludwig Alois Molitor als „Seele“ des kleinen Vereins. Er veröffentlichte mehrere Werke zur Zweibrücker Stadtgeschichte. Nach Molitors Tod 1890 verlor die Vereinigung an Schwung, bis sie sieben Jahre später unter dem aus Coburg stammenden Gymnasialprofessor Rudolf Buttmann neuen Auftrieb und eine Vereinssatzung erhielt. Damals, 1896, erschien die erste Ausgabe der „Westpfälzischen Geschichtsblätter“, die der Verein als monatliche Beilage zur „Zweibrücker Zeitung“ herausgab.

Westpfälzische Geschichtsblätter

Der damalige Geist des Vereins erschließt sich in den einleitenden Worten der ersten „Probe-Nummer“: „An unsere Leser! Über den hohen Wert einer gründlichen Kenntnis der vaterländischen Geschichte, besonders auch der Geschichte der engeren Heimat zu sprechen, wollen wir uns hier versagen. Mit Recht sieht man darin die Wurzel der Vaterlandsliebe. Diese aber befreit uns von den Fesseln der Selbstsucht, macht uns zu treuen, opferbereiten Bürgern und dadurch zu besseren Menschen; denn der Staat und das Volk, dem wir angehören, sind diejenigen größeren Vereinigungen, durch deren Förderung wir der Menschheit selbst dienen. Diesem patriotischen und sittlichen Zweck vor allem seien die ,Westpfälzischen Geschichtsblätter’ gewidmet!“

Zum letzten Mal sind die „Westpfälzischen Geschichtsblätter“ 1936 erschienen. Der heutige Historische Verein Zweibrücken bietet seit 1981 alljährlich eine Sammlung historischer Zeitungsartikel als „Westricher Geschichtsblätter“ an.

An der Mitgliederstärke hat sich in den letzten 100 Jahren wenig geändert: Sie beträgt derzeit 128. Regelmäßig lädt der Verein zu Vorträgen und Ausflügen zu historischen Themen ein.

Info

Der Historische Verein Zweibrücken feiert am Samstag, 2. Dezember, 18 Uhr, im Herzogssaal (Stadtmuseum Zweibrücken, Herzogstraße 9) sein 150-jähriges Bestehen. Um Anmeldung bei Charlotte Glück im Stadtmuseum, Telefon 06332 871382, wird gebeten.

x