Zweibrücken Abseits:

91-84198150.jpg

Wer morgens gegen 7 Uhr in Zweibrücken ins Auto steigt, um nach Berlin zu fahren, und am gleichen Tag noch zurückfährt (Ankunft: 2.30 Uhr nachts), wird wohl ab und an zu hören bekommen: Du bist verrückt. Ehrliche Antwort: Stimmt, handballverrückt. So wie die kleine Reisegruppe, die die Tour am Sonntag antrat, um das Halbfinalspiel um die deutsche Meisterschaft der B-Junioren des SV 64 Zweibrücken bei den Füchsen Berlin zu sehen. Einer reiste dienstlich mit: SV 64-Teamarzt Jürgen Knoch. DM-Halbfinale, da wollte seine Familie dabei sein. „Wer hatte denn diese verrückte Idee?“, fragte Knochs Ehefrau Silke, als die Knochs inklusive Sohn Eike und Tochter Hannah, gemeinsam mit Stefan und Philipp Meister, Papa und Bruder von SV-Spieler Sebastian Meister, die 720 Kilometer lange West-Ost-Tour (einfach) antraten. „Ich“, bekannte sie lachend. Noch mal so eine Tour machen? Immer wieder, herrschte Einigkeit. Die Strapazen hätten gerne mehr Eltern und Freunde von SV-Spielern auf sich genommen. Zunächst waren von den Berlinern 70 Tickets für Zweibrücken freigegeben worden. Ein großer Fan-Bus wurde organisiert, da kam aus Berlin die Nachricht „Kommando zurück“. Statt der zugesagten 70 gab es nur 40 Tickets, zehn Prozent sind laut Regeln nur für die Gäste zu reservieren. Ohne Ticket nach Berlin, das war zu riskant. Schweren Herzens wurde der Bus storniert, blieb mancher Handball-Verrückte zu Hause und dürfte sich ärgern, wenn er hört, dass 40 weitere Zweibrücker Fans ohne Probleme Platz in der Halle gefunden hätten. Platz gefunden hatten Tine Müller und Mama Doris. Mittlerweile Berliner, mit saarländisch-pfälzischen Wurzeln. Es gab ein Müllersches Familientreffen: Tines Bruder Ralf, Vorstandsmitglied beim SV, war nach Berlin gereist. „Unglaublich, die Begeisterung ist wieder da“, feierte Tine die Leistung der Zweibrücker Jungs. Sie selbst hat Regionalliga beim TuS Neunkirchen gespielt und Oberliga beim SV 64, bis sie Mitte der 1990er-Jahre nach Berlin zog. Den SV 64 in Berlin um deutsche Meisterschaften spielen zu sehen, „hätte ich mir nie träumen lassen. Toll“, bekannte sie. Nicht die einzige glückliche Familie in Berlin. Für einige Eltern und Geschwister von SV-Spielern, die am Vortag die Reise nach Berlin angetreten hatten, machte Christian Schwarzer einen Traum wahr: live dabei sein beim DFB-Pokalfinale zwischen Bayern und Dortmund. „Wenn wir schon am DFB-Pokalwochenende in Berlin sind, müssen wir doch schauen, ob wir noch Karten kriegen“, hatte Bayern-Fan Schwarzer direkt nach dem Viertelfinale gesagt. Gesagt, getan, er organisierte zehn Tickets. Olympiastadion, Füchse-Town und eine klasse Leistung der -B-Jugend-Jungs. Fazit: Berlin war eine Reise wert. Wie bitte? Der SV Bottenbach hat zum Rundenschluss sein Heimspiel gegen den A-Klassen-Meister mit 6:1 gewonnen? Da bleibt den regionalen Fußballexperten die Spucke weg. Angesichts des Dahner 14:0-Sieges im Hinspiel erscheint die Bottenbacher Revanche fast surreal. Selbst wenn man unterstellt, dass Dahn als vorzeitiger Titelträger nicht mehr ganz so auf die Tube gedrückt hat. „Ich kann’s auch nicht so richtig erklären“, sagt Bottenbachs Betreuer Robert Clauer, die Heimelf habe am Samstag eben super gespielt. Dass der FC Dahn nicht mit einer Reservemannschaft angereist ist, bewies ein Blick auf die Aufstellung. „Dahn war auch gefährlich, unser Torwart Alexander Noll hat in der Anfangsphase mehrfach einen Rückstand verhindert“, erklärt Clauer. Die Partie hätte also auch anders laufen können, die ersten beiden Bottenbacher Treffer in der 29. und 30. Minute seien genau zum richtigen Zeitpunkt gefallen. „Die Spieler waren hochkonzentriert. Jeder wusste, um was es geht“, sagt Clauer. In der Kabine sei vorher auch nicht rumgealbert worden, im Falle eines Nichterfolgs wäre Bottenbach nämlich abgestiegen. „Dann wären wir weg gewesen. Und bei einem Unentschieden wäre es zu einem Entscheidungsspiel gegen Knopp gekommen.“ Selbst Petersberg als Viertletzter sei darauf angewiesen, dass der Tabellenzweite MTV Pirmasens eine Etage höherrücke. „Da ist eine große Last von uns abgefallen“, schildert der Bottenbacher Betreuer die Zeit nach Spielende. Alle Dämme seien gebrochen, den Nichtabstieg habe man natürlich schwer gefeiert. „Im Sportheim war am Sonntagmorgen um sechs Uhr noch Licht.“ Dass der SSV Höheinöd beim B-Klassen-Spitzenteam PSV Pirmasens überdeutlich mit 2:11 baden ging, spielte den Abstiegskämpfern des SC Stambach voll in die Karten. Mit dem eigenen 2:1-Erfolg bei den Höhmühlbacher Rot-Weißen hatte sich Stambach dem Klassenerhalt schon mal sehr nahe gebracht, die Höheinöder Pleite bescherte der Mannschaft des Spielertrainer-Doppelpacks Sven Heilmann/Bernd Sefrin dann sogar den 13. Platz in der Abschlusstabelle. In der Hinrundentabelle hielt der SCS die rote Laterne, in der Rangliste der Rückrunde liegt er auf Platz neun. 20 der 24 Punkte wurden in der zweiten Saisonhälfte eingefahren. Die Partie auf dem staubigen Höhmühlbacher Hartplatz hätte auch andersrum ausgehen können – die Gastgeber waren nicht schlechter als Stambach. Coach Sven Heilmann war hinterher mordserleichtert, dass der Auswärtsdreier eingefahren wurde. Sonst wäre man für die besagte Rückrunde womöglich nicht belohnt worden. Nach dem Abpfiff bildete das Stambacher Team einen Kreis, Heilmann gab bekannt, dass er künftig aus beruflichen Gründen nur noch als Spieler zur Verfügung stehen wird. Bei aller kollektiven Stambacher Anspannung: Am (wortwörtlichen) Rand der Partie gab es eine ausgesprochen nette Szene zu beobachten. Spieler Marco „Icke“ Neubauer nahm sich kurz Zeit, einen vierbeinigen Zuschauer namens „Blacky“ persönlich zu begrüßen. Das Hundchen war Bestandteil des Stambacher Anhangs. Ansonsten gab es keine Streicheleinheiten, dafür aber verbissen geführte Zweikämpfe zu sehen. Die unterlegenen Höhmühlbacher haben in einem Entscheidungsspiel gegen den Drittletzten der B-Klasse Ost noch die Möglichkeit zum Klassenerhalt. „Das ist ein Spiel gegen den SV Ruhbank. Der Gewinner muss drauf hoffen, dass der MTV Pirmasens als Zweiter der A-Klasse aufsteigt“, erklärt B-Klassen-Leiter Reiner Ehrgott. Neben der SG Battweiler/Reifenberg II steige aus seinem Zuständigkeitsbereich also vorerst nur der SV Wiesbach zuverlässig ab. Der Tabellenelfte bildet in der neuen Saison bekanntlich eine Spielgemeinschaft mit dem FC Knopp. Da Knopp seit dem Wochenende selbst frischgebackener B-Klassist ist, wird Wiesbach „tiefergelegt“. Eine Woche voller Trostpflästerchen und lohnenden Fahrten wünschen

91-84194738.jpg
x