Speyer Wenn der Ball fällt, wird gesungen

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Es geht lebhaft zu an diesem Montagnachmittag in der Tagespflege des Caritas-Altenzentrums St. Martha. Die neun Senioren, die dort gestern betreut wurden, haben Besuch von 13 Schülern der Nikolaus-von- Weis-Realschule plus. Jung und Alt spielen und basteln zusammen.

Los geht es mit einer Runde Tischfußball. Senioren und Jugendliche schubsen sich den weichen gelben Ball über die Tischplatte zu. Die Jugendlichen sind flinker, nehmen aber Rücksicht auf die älteren. Der Ball bleibt vor einem Mann liegen, der scheinbar teilnahmslos am Tisch sitzt. „Einfach mit der flachen Hand dagegendrücken“, sagt Cedric zu dem Mann. Er nimmt sacht dessen Hand und gibt dem Ball einen Schubs. Wenn der Ball vom Tisch fällt, wird eine Strophe eines Volksliedes gesungen. Jetzt haben die Senioren eindeutig die Nase vorn, und die Schüler müssen passen. Schüler und Senioren kennen sich schon vom ersten Treffen vor einer Woche. Da haben sie sich zu Paaren zusammengetan und sich gegenseitig kennen gelernt. Manche der Senioren sind sehr gesprächig, mit anderen läuft die Unterhaltung sehr schleppend, besonders bei Menschen, die unter fortgeschrittener Demenz leiden. „Macht nichts, man kann mit allen irgendwie reden“, sagt Philip. Er erklärt beim anschließenden Basteln von Osterkarten seiner Partnerin geduldig, was er macht, bezieht sie mit ein, auch wenn er nicht immer eine Antwort bekommt. Cedric und seine Partnerin sind dagegen beim Basteln in ein angeregtes Gespräch vertieft. „Wir haben beide zusammen entschieden, wie die Karte aussieht“, erklärt er. „Übrigens, wir essen beide gerne Kartoffelsalat, gell Frau Ziegler?“ Die Seniorin strahlt: „Was du noch alles weißt.“ Cedric macht es intuitiv richtig, spricht laut und deutlich mit den Senioren, schaut sie dabei direkt an, hilft mit Gesten nach. „Unsere Senioren freuen sich immer sehr, wenn sie Besuch von Kindern und Jugendlichen bekommen. Sie fangen richtig an zu strahlen“, sagt Ute Sauer, die Leiterin der Tagespflege. Kindergartenkinder kämen regelmäßig vorbei, einzelne Schüler zum Praktikum gebe es auch immer wieder. Aber gleich eine ganze Schulklasse, das komme selten vor. Die Achtklässler kommen an drei Nachmittagen ins Marthaheim. Die Besuche gehören zu einem der Projekte in ihrem Wahlpflichtfach „Soziales Lernen“, einem besonderen Angebot der Nikolaus-von-Weis-Realschule plus, das in diesem Jahr in Kooperation mit „Youngcaritas“ der Diözese Speyer durchgeführt wird. „Ich finde den Besuch hier sehr wichtig. Viele Schüler haben sonst kaum Kontakt mit älteren Leuten“, betont Lehrerin Magdalena Piechatzek. Marie Blechschmitt, Projektleiterin von Youngcaritas, hat die Schüler auf den Besuch gut vorbereitet. „Ich habe mit Ihnen über Alterungsprozesse, Erkrankungen im Alter und Demenz gesprochen, ihnen auch ganz konkret erklärt, wie sie in bestimmten Situationen reagieren können“, erzählt sie. Außerdem habe sie mit einer speziellen Brille und Lolli im Mund simuliert, wie schwer es ist, mit einer Beeinträchtigung über Dinge zu reden, die man nicht sieht. Nächsten Montag kommen die Schüler noch einmal und backen mit den Senioren Plätzchen – ein gemeinsamer Wunsch von Jung und Alt. Für die Schüler folgt dann das nächste Projekt: ein Besuch im Caritas-Warenkorb. Blechschmitt führt bistumsweit solche Projekte durch, in Speyer im Moment nur mit der Realschule. Die Serie Für diese Serie, eine Momentaufnahme aus dem Alltag, sind wir jede Woche gezielt in der Stadt unterwegs.

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