Speyer Vor der Wahl: Positionen zum Zusammenspiel von Denkmal- und Klimaschutz

Streitfall: In der Gilgenstraße (gelbes Haus im Hintergrund) stört eine Photovoltaikanlage die Sicht auf das Altpörtel nicht, wa
Streitfall: In der Gilgenstraße (gelbes Haus im Hintergrund) stört eine Photovoltaikanlage die Sicht auf das Altpörtel nicht, war das Ergebnis einer Gerichtsverhandlung.

Neun Listen treten bei der Stadtratswahl am 9. Juni an. Die RHEINPFALZ hat sie um kurze Antworten zu zentralen Themen der Stadtentwicklung gebeten. Diesmal: „Wie wollen Sie Klimaschutz- und Denkmalschutz vereinbaren?“

SPD: Historisches Erbe und Zukunft müssen in Einklang gebracht werden. Ohne den Ausbau der dezentralen Energiegewinnung aus regenerativen Ressourcen werden wir uns nicht zukunftstauglich aufstellen können. Die Landesregierung hat dazu im Februar des vergangenen Jahres eine neue Richtlinie zum Denkmalschutzgesetz erlassen, in der die Genehmigung von Solaranlagen auf oder im Umfeld von Kulturdenkmälern konkretisiert wird. Diese Richtlinie zielt darauf ab, Solaranlagen auf oder an denkmalgeschützten Gebäuden zu ermöglichen, indem beispielsweise Alternativen in der Auffälligkeit geprüft werden. Weiterhin ausgeschlossen werden Kulturdenkmäler wie beispielsweise unser Dom. Wir begrüßen diese Richtlinie.

CDU: Klimaschutz und Denkmalschutz sind nicht per se Widersprüche, sie sind vereinbar, wenn die Abwägung vernünftig vorgenommen wird. Speyer hat gewisse „unantastbare“ Denkmalwerte, darf aber nicht als „stadtweites Museum“ sakrosankt gegen wichtige ökologische Entwicklungen sein. Die Herausforderungen der Klimakrise sind real und erfordern eine Umorientierung auch in der Verwaltung. Wir sehen daher einen grundsätzlichen Vorrang für den Klimaschutz, soweit die Einzelfallprüfung kein völlig unvertretbares Ergebnis bringt. Am Beispiel Photovoltaik: Diese sollte im Grundsatz auf allen Dächern möglich sein. Eine Sichtbeziehung zum Dom in 100 Meter Entfernung kann hier kein Hinderungsgrund sein.

Grüne: Wir setzen uns ein für eine zukunftsgerichtete Überprüfung der Richtlinien des Denkmalschutzes: Alt und neu darf kein Widerspruch sein, sondern soll auch den Zeitgeist widerspiegeln, in dem historischen Orte und Gebäude durch sichtbare neue Technologie den Weg in die Zukunft weisen. Es braucht daher vereinfachte Genehmigungsprozesse von PV-Anlagen, Balkonsolaranlagen, PV-Dächern zur Beschattung von Kinderspielplätzen, Parkhäusern und -anlagen sowie Bushaltestellen und den Ausbau von Agri-PV-Anlagen in der Landwirtschaft.

SWG: Hier soll und muss eine pragmatische Lösung gefunden werden. Wir leben in einer Zeit, die uns klimatechnisch mehr Sorgen bereitet als der Denkmalschutz.

AfD: Denkmalschutz ist zu respektieren. Zum sogenannten Klimaschutz möchten wir zunächst öffentliche Flächen entsiegeln und begrünen. Die freiwillige Ausrüstung von Privathaushalten und Gewerben mit Solarstrom ist zu vereinfachen. Mehr Liberalisierung – Unabhängigkeit vom Stromnetz leichter zulassen.

Linke: Der beste Denkmalschutz besteht im Klimaschutz, schauen wir nur mal auf das Ahrtal. Unsere Stadt wird sich wandeln und Klimaschutz ist dabei die größte Herausforderung. Es will ja niemand den Dom oder das Altpörtel mit Solarpaneelen versehen, aber in der Altstadt sollte dies für Eigentümer*innen möglich sein, hier darf der Denkmalschutz nicht überwiegen. Wir fordern, dass ökologische Sanierung weiterhin gefördert wird (Wärmepumpen, Photovoltaik). Eine Fassaden-/Dachbegrünung dient dem Klima in der Altstadt mehr als der Denkmalschutz. Wichtiger Klimaschutz findet in unseren Wäldern statt, die wir nicht länger als Wirtschaftsbetrieb, sondern als unsere Lebensversicherung sehen müssen.

UfS: Denkmalschutz und Klimaschutz stellen aus unserer Sicht nicht zwangsläufig einen Gegensatz dar. Mitarbeitende der GDKE, Generaldirektion Kulturelles Erbe, stellten schon 2021 in einer Sondersitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Konversion erste Untersuchungen zur besonderen Bedeutung der historischen Innenstadt für den Denkmalschutz vor. Bereits 1985 wurde die Eigenschaft und Bedeutung der Stadt Speyer als Stadtdenkmal erkannt und beschrieben. Hierbei spielen gewisse Sichtbeziehungen eine große Rolle. Bei den dazu erfolgten Stadtrundgängen wurde 2022 auch auf die dringende Frage hingewiesen, wie der Denkmalschutz zukünftig mit Maßnahmen des Klimaschutzes verbunden werden kann.

FDP: Verhinderung einer flächendeckenden Denkmalzone im innerstädtischen Bereich, welche Klimaschutz und sonstige Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen erheblich erschwert und das Interesse daran bei Immobilienbesitzern eindämmt. Weiter durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Denkmalschützern, Architekten, Energieexperten und Umweltschützern, um innovative Lösungen zu entwickeln und historische Bausubstanz zu erhalten. Klimafreundliche Projekte (Photovoltaik, Solar, Dämmung und mehr) dürfen nicht durch Denkmalsschutz verhindert werden. Wir wollen einen freien Weg für die künftige Entwicklung der Innenstadt.

Freie Wähler: Wir Freien Wähler nehmen Denkmalschutz und Klimaschutz, anders als andere Gruppierungen, wirklich ernst, nicht nur mit leeren Worten ohne wirksame Taten. Wir wollen die in der Denkmalliste erfassten Einzeldenkmäler frei von Veränderungen auch von Photovoltaik halten. Aber wir haben uns mit den Siliziumkristalloberflächen der Solarpaneele ebenso versöhnt wie mit Windkrafträdern in der Landschaft. Beide sind wegen des Klimawandels moralische Notwendigkeiten und wirtschaftlich sinnvoll. Das heißt, wir werden die vielen Häuser der Altstadt und ihre herrliche Dachlandschaft auch lieben, wenn die Eigentümer sie mit Solarpaneelen bestücken. Auch den Blick auf den Dom über Dächer mit Solarpaneelen.

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