Speyer „Singen ist nicht das Wichtigste“

„Von Gesellen und Lumpen“: Unter diesem Titel steht ein Liederabend mit dem Tenor Christian Elsner am Freitag, 13. Februar, 20 Uhr, im Historischen Ratssaal Speyer. Begleitet von Pianist Trung Sam stehen Stücke von Gustav Mahler, Kurt Hessenberg und Hugo Wolf auf dem Programm. Unsere Mitarbeiterin Anne Kirchberg hat vorab mit dem 49-jährigen Sänger gesprochen.

Wie stellen Sie Ihre Programme für Liederabende zusammen?

Diesbezüglich gibt es mehrere Stufen während einer Laufbahn als Sänger: Am Anfang ist man froh, wenn man überhaupt gefragt wird, und meistens geben die Veranstalter Vorgaben zu einem bestimmten Themenbereich. Später ist es oft weiterhin so, dass die Veranstaltung ein spezielles Motto hat, zu dem ich etwas singen soll. Ich richte mich auch heute gerne nach diesen Wünschen, denn es gibt nicht mehr viele, die überhaupt noch Liederabende veranstalten. Falls die Thematik einmal frei wählbar ist, nutze ich gerne mein Repertoire, das ich rund um eine neue CD plane oder in dieser Form bereits veröffentlicht habe. Dann können die Zuhörer die Musik gleich mit nach Hause nehmen, wenn sie ihnen gefällt. Wie entstand die Idee zu „Von Gesellen und Lumpen“? Als ich in Frankfurt am Main studierte, stieß ich auf Wilhelm-Busch-Vertonungen von Kurt Hessenberg. Diese „Lieder eines Lumpen“ wollte ich in einen Kontext setzen, damit man sie auf der Bühne präsentieren kann. Ich entwickelte ein Programm, das mit Gustav Mahlers „Tamboursg’sell“ und eher tragisch beginnt. Die Stimmung steigert sich nach und nach jedoch dahingehend, dass es einer der wenigen Liederabende wird, bei dem sich die Zuschauer sozusagen vor Lachen auf die Schenkel schlagen. Nach den Hessenbergs erklingen noch vier Lieder von Hugo Wolf, die vom Grundhumor sehr gut passen – und ein Garant für einen lustigen Abend sind. Warum werden so wenige Liederabende veranstaltet? Das Kunstlied erfuhr in Deutschland in der Mitte des letzten Jahrhunderts eine große Renaissance durch meinen Lehrer Dietrich Fischer-Dieskau und gilt seitdem als sehr anspruchsvolle Sache, da meistens wunderbare Texte wie zum Beispiel von Goethe oder Schiller eingebunden werden. Viele Leute empfinden dies als von Vornherein abschreckend, weil sie das nicht unter einem erholsamen Abend mit schöner Musik verstehen. Deshalb ist es manchmal ein großes Problem für Veranstalter, genug Eintrittskarten zu verkaufen, wenn das Konzert nicht an den berühmten Namen eines Sängers oder einer Sängerin gekoppelt ist, der oder die gerade Karriere macht. Dann kommen die Leute in Scharen, und Liederabende füllen oft große Hallen. Ich empfinde es allerdings als schwierig, wenn mehr als 500 Menschen bei einem Liederabend im Publikum sitzen, da die Grundatmosphäre eine andere ist und man als Sänger das Intime nicht mehr transportieren kann, was diese Auftritte so einzigartig macht. Stehen Sie deswegen neben ihren weltweiten Konzerten in großen Städten auch gerne im kleineren Rahmen wie in Speyer auf der Bühne? Ganz genau. Es fiel mir sehr leicht, in Speyer zuzusagen, weil es mir selbst solch eine große Freude bereitet, Liederabende zu singen. Ich bin durchaus dankbar, auch in kleineren Orten wie Speyer aufzutreten, da es einige Schwierigkeiten mit sich brachte, dass ich Wagner-Opern gesungen habe. Sobald dieser Name im Lebenslauf eines Sängers steht, meinen viele Lied- und Kammermusikveranstalter, man kann keine Liederabende mehr singen. Ich muss teilweise mit aktuellen Liveaufnahmen bestätigen, dass mir Wagner keinesfalls geschadet hat und ich sehr wohl noch Lieder singen kann. Ich freue mich auf den Abend in Speyer, weil er nicht nur etwas für Klassikfans ist, sondern genauso für Menschen, die mit klassischer Musik nicht viel am Hut haben. Meiner Erfahrung nach sind sie bei Liederabenden von der Musik beeindruckt und wissen den direkten Kontakt zum Sänger zu schätzen. Wie lassen sich Ihre vielen Auftritte mit Ihrer Lehrtätigkeit an der Hochschule in Würzburg vereinbaren? Das ist wahnsinnig schwer. Zumal bei mir hinzukommt, dass das Allerwichtigste in meinem Leben meine Frau und meine beiden Kinder sind. Meine Frau ist wie ich voll berufstätig und spielt als Flötistin beim Hessischen Rundfunk. Karrieretechnisch mussten wir beide kleine Abstriche in Kauf nehmen, aber das tun wir für unsere Familie gerne. Ich achte sehr darauf, dass all mein berufliches Engagement gut mit dem normalen Leben zu vereinbaren ist. Die Anzahl der Auftritte muss immer ein normales Familienleben ermöglichen. Singen ist eines der großartigsten Dinge auf der Welt – aber eben nicht das Wichtigste in meinem Leben.

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