Speyer Programm ohne Berührungsängste

Mit einem kontrastreichen Programm von Bach bis Jazz hat der Speyerer Organist Gerhard Nußbaum eine „Geistliche Abendmusik“ am Sonntag in der Gedächtniskirche gestaltet. Dabei gab es zumindest eine musikalische Überraschung.

Berührungsängste kennt Johannes M. Michel offenbar nicht. Das zeigten drei Jazz-Preludien des Kirchenmusikdirektors an der Mannheimer Christuskirche. Nußbaum spielte die altehrwürdigen Kirchenlieder aus dem Evangelischen Gesangbuch, die auch als Thema deutlich zu erkennen, aber jeweils mit verschiedenen Jazz-Stilen kombiniert sind. Das gibt es nicht alle Tage auf der Orgel zu hören. „Erhalt uns Herr, bei deinem Wort“ kam zu Beginn noch nicht allzu exotisch in einen Fünf-Viertel-Swing-Rhythmus daher. Bei „Wunderbarer König“ im Bossa-Nova-Stil schien eine Hammond-Orgel zu erklingen. Kein Wunder, war das Stück doch der Jazz-Organistin Barbara Dennerlein gewidmet. „In dir ist Freude“ schließlich stand in Bezug zu den afro-kubanischen Tänzen aus Leonard Bernsteins „West Side Story“. Das war spannend und machte offenbar auch Nußbaum Laune beim Spielen. So schienen die schnellen Sätze des danach folgenden letzten Konzertstücks, der „Suite Gothique“ von Leon Boellmann, besonders in der abschließenden Toccata viel schwungvoller zu klingen als üblich. Zuvor hatte der Organist das Konzert mit Johann Sebastian Bachs „Fantasia in G-Dur“ eröffnet. Einer federleichten, hellen und lebhaften Einleitung – ähnlich einem Schwarm Vögel, nur strukturierter – folgte ein langer und langsamer, fünfstimmiger Mittelsatz wie ein Choral. Das Stück endete wiederum sehr lebhaft mit schnell und sprudelnd aufgelösten Akkorden über einer ruhigen Basslinie. Ganz anders in seiner Stimmung das „Konzert in F-Dur“ von Johann Christian Heinrich Rinck: Der Zeitgenosse Beethovens gilt als einer der besten Organisten seiner Epoche, und Orgelwerke bilden den Schwerpunkt seiner Kompositionen. In dem von Nußbaum ausgewählten Stück vereinen sich Elemente der Klassik und Romantik. Der erste Satz „Maestoso“ klang genau so – majestätisch und erhaben. Etwas leichter in der Stimmung wurde es im relativ kurzen Adagio und vor allem mit dem lebhaften, sehr virtuosen Rondo als Schlusssatz.

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