Speyer Interpretationen im Dienst eines klugen Konzepts

Als Höhepunkt des letzten Saisonkonzerts der Reihe „Kontrapunkte Speyer“ im Historischen Ratsaal war eigentlich die Aufführung von Michael Nymans Flötenkonzert geplant. Doch weil Flötistin Kathrin Christians absagen musste, hat das Münchner Goldmund-Quartett am Sonntag einen reinen Streichquartett-Abend gegeben.

Die Geiger Florian Schötz und Pinchas Adt, Bratschist Christoph Vandory und Cellist Raphael Paratore begeisterten das Publikum mit drei zeitgenössischen Kompositionen, ergänzt um Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquartett G-Dur. Dieses Werk zu Beginn ging konform zum klugen Konzept des künstlerischen Leiters Stephan Rahn, in der „Kontrapunkte“-Reihe immer wieder zeitgenössische Musik auch mit älteren Werken zu konfrontieren. Die Wiedergabe durch das Goldmund-Quartett war ein Musterbeispiel dafür, wie Mozart spannend, mitreißend und scharf konturiert zu spielen ist, ohne die Historische Aufführungspraxis zu bemühen. Es folgte ein Werk von György Kurtág, dem bedeutendsten zeitgenössischen ungarischen Komponisten nach Ligeti. Seine Musik weist eine Nähe zu Anton Webern auf: knapp gefasst, hochkonzentriert und aufs Äußerste verdichtet. Dabei ist sie nicht so sehr punktuell gedacht wie diejenige Weberns, sondern besteht vielmehr aus kurzen prägnanten Klanggesten. Beispielhaft dafür steht das „Officium breve in memoriam Andreae Szevánszky“: 15 kurze Sätze von gerade einmal zwölf Minuten Spieldauer. Kurtágs zugespitzte Miniaturen erfuhren durch das Goldmund-Quartett eine hochexpressive, eindringliche Wiedergabe. In Deutschland wenig bekannt ist die 1968 geborene serbisch-kanadische Komponistin Ana Sokolovi. In ihrem Stück „Commedia dell’ Arte III“ beschwört sie drei Figuren des italienischen Stegreiftheaters. Die Musik ist ballettmäßig-gestisch gedacht. Der erste Satz „Brighella“ über einen verschlagenen Diener lebt von Glissando-Figuren, die beiden anderen Sätze, „Signora“ und „Innamorati“, sind motorisch-rhythmisch, fast minimalistisch konzipiert. Auch hier lieferte das Goldmund-Quartett eine prägnante Interpretation. Schließlich noch ein Klassiker der modernen Quartettliteratur: Dmitri Schostakowitschs Streichquartett Nr. 9 Es-Dur. Das Ensemble trug das ernste, eher introvertierte Werk aus vier kurzen Sätzen und einem langen mit exemplarischer Detailgenauigkeit und Intensität vor. Dabei ließ die Fulminanz, mit der die Musiker das Finale spielten, dessen Komplexität fast vergessen. Die Zugabe für den kräftigen Applaus führte zurück zu den Wurzen des Streichquartetts: der langsame Satz aus Joseph Haydns Quartett op. 1, Nr. 1.

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