Speyer Freistoss:

Der Speyerer betritt den Zeitschriftenladen seines Vertrauens in der Innenstadt, um seinen Lieblings-Lesestoff käuflich zu erwerben: das Sportmagazin kicker. Zielsicher erfolgt der Griff nach links unten im Regal. Behände landet das Heft auf dem Tisch zum Abkassieren. Es kostet so viel wie immer. Dennoch wirft der Verkäufer noch mal sicherheitshalber einen prüfenden Blick nach rechts unten auf die Titelseite. Doch zwischen all den großen und kleinen Bildern, dicken und dünnen, schwarzen und weißen Überschriften, gibt sich heute kein Preis zu erkennen. „Bin ich blöd?“, sagt der Verkäufer noch und erntet fragende Erwiderung beim Käufer: „Ich weiß auch nicht so genau, was der kostet, so wie immer halt.“ 3 Euro? 2,90? 2,60? Wir haben es ja. „Ich glaube, 2,60“, meint der Verkäufer und hält die Hand auf. Die Woche darauf beim Zeitschriftenhändler des Vertrauens des Speyerers. Die gleiche Vorgehensweise und diesmal steht auch der Preis drauf: 2,60 Euro. Es war schon früher so, nicht nur in der Lokalredaktion der Speyerer Rundschau der RHEINPFALZ mit langjährigem Sitz noch in der Ludwigstraße gegenüber dem Markplatz. Die freien Mitarbeiter kannten sich untereinander kaum von Angesicht zu Angesicht, höchstens von Kürzeln wie bw für Robert Wolf, nti für Timo Nagel oder eben mer für Martin Erbacher und gegenseitigem allmorgendlichen Lesen her. Denn wir waren unterwegs von Lingenfeld im Süden des Verbreitungsgebiets bis Waldsee im Norden desselbigen, vom Flaggenmast am Rhein im Osten bis zum Gelände des Reit- und Fahrvereins Schwegenheim im Westen, in Speyer von der Siedlung bis ins Neuland. Jeder nahm brav seine Termine wahr und lieferte die Texte, meist noch von zu Hause aus, schaute höchstens mal kurz in der Redaktion zwecks Absprachen und gelegentlichen Schreibens vor Ort nach Abendveranstaltungen vorbei, die am nächsten Tag noch im Blatt stehen sollten. So kam es durchaus mal vor, dass nach organisatorischen Missverständnissen (ja, so was kommt auch in der besten Redaktion vor) zwei Mitarbeiter denselben Termin wahrnahmen, sich auch sahen, aber nichts davon wussten, dass sie den gleichen Auftrag der RHEINPFALZ erfüllten. Doch zum Glück gab und gibt es die regelmäßigen Mitarbeitertreffen, bei denen alle zusammenkommen, auch, um sich überhaupt mal zu sehen. Doch so geschehen Geschichten wie diese immer wieder. Ein Morgen X in der Redaktion, längst in der neuen Heimat in der Heydenreichstraße – Hektik wie immer. Die Landredaktion hängt am Telefon, und auch im Sport glühen die Drähte heiß. Da betritt ein Jüngling in Radleroutfit und Helm auf’m Haupt die Gemächer, nimmt wie selbstverständlich Platz. „Der will zu mir“, denkt sich der Sportredakteur noch. Freundlich winkt der Besucher der ihm offensichtlich bekannten Landredakteurin Kathrin Schnurrer zu. Sie erwidert den Gruß ebenso selbstverständlich. Auch durch die Telefonierenden lässt sich unser Gast nicht aus dem Tritt bringen. Der Sportredakteur legt auf und sagt: „So wie Sie aussehen, wollen Sie bestimmt zu mir.“ „Kennst Du mich nicht?“, fragt der grinsende, aber entgeisterte Radler zurück. „Nö“, meint der Sportredakteur. „Nicht über Facebook oder so?“, bleibt der Radsportler am Ball und klärt auf: „Ich bin der Mathias Meyer.“ Jetzt fällt auch beim Speyerer der Groschen. Es ist nur mame, so sein Autorenkürzel, den er seit Jahren vom Lesen und Telefonieren her kennt und der ihn seit Monaten immer wieder an seinem freien Tag oder im mehr oder weniger wohl verdienten Urlaub in der Redaktion vertritt. Doch da der freie Tag ein freier Tag ist, und Urlaub Urlaub heißt, weil’s Urlaub ist, sehen sich mame und mer halt nicht. Viel Erfolg wünscht Martin Erbacher

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