Speyer „Die Liebe zum Instrument leben“

Premiere bei den „Internationalen Musiktagen“: Am Sonntag, 5. Oktober, 20 Uhr, gibt die lettische Organistin Iveta Apkalna erstmals ein Konzert im Speyerer Dom. Unsere Mitarbeiterin Anne Kirchberg hat mit der 37-Jährigen gesprochen.

Haben Sie am Anfang Ihrer Karriere mit speziell inszenierten Stücken die Orgelszene bewusst aufgemischt?

Nein, ich wusste ja nicht, wie die Orgelszene in Deutschland aussah. Ich habe meine Auftritte einfach so gestaltet, wie ich es von meinem Studium und Wettbewerben her kannte. Konzertante Orgelmusik war mir bis dahin noch recht fremd, und Ende der 1990er Jahre gab es die Orgel in Reinkultur nur selten in deutschen Konzertsälen. Ich bin nicht rebellisch, stur oder wollte es unbedingt anders machen als alle anderen, sondern ich möchte die Orgel so spielen, wie es für mich authentisch ist. Deswegen war es mir wichtig, meinem eigenen Weg zu folgen. Wie waren die Reaktionen innerhalb der Orgelszene? Die Menschen waren überrascht. Viele von ihnen hatten vielleicht auch schon an solche Auftritte gedacht, jedoch nie den Mut, sie umzusetzen. Und dann kommt da eine Frau, noch dazu eine blonde Frau, aus einem anderen Land und macht das einfach. Natürlich ist es gefährlich, wenn man die Erste ist, die in dieser Weise auftritt. Einige gingen deshalb wohl davon aus, dass meine Auftritte absichtlich so geplant waren. Mir ist es aber sowieso wichtiger, was das Publikum denkt. Keiner kann in seinem Beruf perfekt und gut für alle sein. Gleichzeitig bin ich den Kompositionen immer treu – und es ist ja nicht so, dass ich nur Crossover spiele, ich gebe genauso gerne klassische Konzerte. Ich will den Leuten zeigen, was alles mit der Orgel möglich ist und dass man sich dafür nicht immer etwas Verrücktes einfallen lassen muss, sondern vor allem die Liebe zu seinem Instrument leben sollte. Kennen Sie die Orgel in Speyer? Nein, aber ich freue mich ganz besonders darauf. Ich höre aufmerksam zu, was in der Orgelwelt passiert, und habe ehrlich gesagt sehr gehofft, dass ich eine Einladung nach Speyer erhalten werde. Ich bin als Organistin auch daran interessiert, neue Orgeln zu spielen und in Räumlichkeiten wie dem Dom aufzutreten, in denen ich noch nie gewesen bin. Zudem spricht man in der Orgelszene viel über Speyer. Schon als ich 2000 in Stuttgart studierte, habe ich viel über den Ort gehört. Die Orgel ist eine von den geografischen Hauptpunkten auf der Orgellandkarte in Deutschland. Welche Stücke haben Sie sich für das Konzert in Speyer ausgesucht? „Prometheus“ von Liszt als Hauptkomposition, weshalb er am Schluss erklingen wird. Dazu passt für mich Bachs „Pièce d’Orgue“, und als Kontrast zu dem Romantisch-Virtuosen von Liszt zeige ich mit „Évocation I & II“ von Escaich all die schönen Farben der Orgel in Speyer. Dazu spiele ich noch „Fantasie f-Moll“ von Mozart, weil dies neben Bach gut klingt und viel Polyphonie ins Konzert bringt. Wie haben Sie Ihre Liebe zur Orgel entdeckt? Das ist zugegebenermaßen untypisch für ein Kind, das in der sowjetischen Zeit aufgewachsen und zur Schule gegangen ist. Für mich war das jedoch ein Vorteil, obwohl ich natürlich nicht alles, was damals passiert ist, gut finde. Trotzdem genoss ich eine sehr glückliche Kindheit samt Musikschule und träumte bereits im Alter von acht Jahren davon, Musikerin zu werden. Die Orgel war zu dieser Zeit natürlich tabu, denn wir konnten nicht zu Kirchen- oder Orgelkonzerten gehen. Aber meine Mutter besaß als Musikerin eine Schallplatten-Sammlung mit Orgelmusik, dank der ich die Faszination für diese Musik entdeckte. Im Alter von 15 Jahren waren dann die Grenzen offen, Lettland war wieder unabhängig und man konnte Orgel studieren. Ich war von meiner ersten Stunde an begeistert von diesem Instrument und wollte nie wieder mit dem Spielen aufhören. Wie haben Sie Ihre persönliche Nische gefunden? Am Anfang muss man das gesamte Repertoire spielen, aber ich hatte glücklicherweise stets Lehrer und Professoren, die die Besten und sehr offen waren. Sie haben mich immer in meiner Entwicklung unterstützt. Natürlich musste ich auch Stücke spielen, die mir nicht so am Herzen lagen, das hat sich bis heute übrigens nicht geändert. Aber dadurch spürt man, was man wirklich mag, und schafft sich ein breites Repertoire. Bei mir entwickelte sich eine große Liebe unter anderem zu Johann Sebastian Bach und auch zu zeitgenössischer sowie konzertanter Orgelmusik. Ich wähle gerne passende Musik aus, je nach dem, bei welchem Event und zu welchem Thema ich wo und wann spiele. Zudem ist mir wichtig, nicht einfach nur Stück an Stück zu reihen, sondern alles wie ein Theaterstück zu spielen.

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