Speyer Die Entdeckung der Langsamkeit

Fast 150 Traktoren verschiedener Hersteller sind am Wochenende beim elften „Lanz-Bulldog“-Treffen im Technik-Museum Speyer nach Auskunft von Organisatorin Carmen Werre zu sehen und zu hören gewesen. Auf dem Parkplatz bei der Raumfahrthalle gab es stark gefragte Rundfahrten und Geschicklichkeitswettbewerbe. Bei Touren durch die Stadt jubelten Passanten Dutzenden Traktor-Fahrern zu.
Samstag, 12.50 Uhr: Schwarze Rauchwolken steigen zwischen Wilhelmsbau und Raumfahrthalle auf. Wer sich dem Schauplatz nähert, hört es tuckern, knattern und röhren. Der beißende Geruch von Dieselabgas liegt einem in der Nase. Zahlreiche Lanz-Bulldogs sowie Schlepper anderer Hersteller, wie etwa der diesjährigen Gastmarke Hanomag, stehen bereit zur Ausfahrt in die Stadt. Udo Kunz ist zum neunten Mal bei dem Treffen. Der Architekt aus Waldsee hat seinen Hanomag-Rheinstahl R 112, Baujahr 1959, gestartet. Anders als bei „Bulldogs“ von Lanz verlassen die Abgase den Motor nicht durch ein senkrechtes Rohr vorne links, sondern durch eine Öffnung hinten neben dem Fahrersitz. „Von diesem Hanomag-Typ wurden nur circa 50 gebaut. Er hat einen Zylinder mit 511 Kubikzentimetern“, sagt Kunz. Gegen 13 Uhr rollen die ersten Schlepper vom Museumsgelände über die Industriestraße. Kunz gibt kräftig Gas, muss am Anstieg zur Straße dennoch runterschalten. „Der Motor ist noch nicht richtig warm“, erklärt der 60-Jährige. Seinen originalgetreu restaurierten Hanomag haben ihm vor zehn Jahren zum 50. Geburtstag seine Eltern geschenkt. Der Familienvater hat daneben noch zwei größere Traktoren daheim in Waldsee, von den Herstellern Kramer und Fahr. „Mein Hanomag stand vorher in Annweiler. Solche Traktoren konnten nur auf ganz kleinen Höfen gebraucht werden“, sagt das Mitglied der Schlepperfreunde Römerberg. Inzwischen ist der Tross auf der Rheinhäuser Straße. Der Ein-Zylinder-Zweitakt-Dieselmotor mit 12 PS des Hanomag (die Abkürzung steht für Hannoversche Maschinenbau AG) qualmt ungewöhnlich stark, während Kunz die gute Nachwuchsarbeit und Geselligkeit bei den Schlepperfreunden lobt. Am Straßenrand winken Männer, Frauen und Kinder. In der Herdstraße, kurz vor dem Abzweig in die Große Pfaffengasse, ist der Anstieg zu viel für den 58 Jahre alten Traktor. Er zieht nicht mehr, qualmt dafür umso stärker. „Ich muss ihn abstellen und nachschauen“, sagt Kunz. Er schafft es in die Allerheiligenstraße. Die Schlepper hinter ihm haben freie Fahrt, während Kunz auf Ursachensuche geht. Ein offensichtlicher Defekt findet sich nicht, nach fünf Minuten geht die Fahrt weiter. „Vielleicht ist der Luftfilter zu, oder die Benzinleitung ist verstopft“, überlegt Kunz laut, während er mit maximal 16, 17 Stundenkilometern den Dom passiert. Auf dem Parkplatz hinter der Kathedrale schließt er zum Tross auf. Der kleine Hanomag läuft jetzt fast rund und schafft es zurück ins Museum. „Ich lasse den Motor laufen und fahre gleich zurück nach Waldsee“, sagt Kunz. Eine Vorsichtsmaßnahme. Am Sonntag wollte er an einem Traktor-Treffen in Dannstadt-Schauernheim teilnehmen.