Speyer Bruckners Messe in e-Moll erklingt im Dom

Eine alte Ansicht von Linz mit dem Neuen Dom in noch unfertigem Zustand. Im Hintergrund sind die Türme des Alten Doms zu sehen,
Eine alte Ansicht von Linz mit dem Neuen Dom in noch unfertigem Zustand. Im Hintergrund sind die Türme des Alten Doms zu sehen, an dem Anton Bruckner Domorganist war. Der aktuelle Domorganist war im April im Speyerer Dom zu einem Konzert gewesen.

Zum 200. Geburtstag des Komponisten Anton Bruckner erklingt am Pfingstsamstag, 18. Mai, um 18 Uhr seine zweite große Messkomposition, die Messe in e-Moll für achtstimmigen Chor und Blasorchester im Dom zu Speyer.

Im Konzert der Reihe „Cantate Domino“ wird der einzigartigen Messe Bruckners Gregorianik sowie Vokalmusik der Renaissance von Giovanni Gabrieli und Giovanni Pierluigi da Palestrina gegenübergestellt. Ausführende sind das Vokalensemble Dom zu Speyer und die Dombläser unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Melchiori.

Am 29. September 1869 leitete der Komponist selbst die Uraufführung seiner Messe in e-Moll zur Einweihung der Votivkapelle des neuen Linzer Domes auf dem Domplatz neben der Dom-Baustelle. Bereits 1866 hatte er das Werk komponiert, in seiner ersten großen Schaffensperiode, in die auch die Komposition seiner beiden anderen großen Messen in d-moll und f-moll fällt. Noch bevor er sich den Gipfelwerken seiner Kunst, den großen Symphonien zuwendet, schafft der wohl frommste aller Komponisten des 19. Jahrhunderts diese reifen Bekenntniswerke, die auf dem sicheren Fundament seines tiefen Glaubens, sozusagen in sicherem Terrain, entstehen konnten.

Besondere Tonsprache

Das Werk zählt zu den anspruchsvollsten Chorwerken des 19. Jahrhunderts und stellt an alle Ausführenden, vor allem an den Chor, höchste Herausforderungen. Schon durch ihre einzigartige Besetzung, die der orchestralen Begleitung allein 15 Holz- und Blechblasinstrumente zuordnet, bekommt die Messe eine besondere Tonsprache. Der achtstimmig aufgeteilte Chor muss an Ambitus, Volumen, Atem aber auch an zartesten Klängen alles aufbieten, was die menschliche Stimme zu leisten vermag. Vor allem die textarmen Sätze Kyrie, Sanctus und Agnus Dei lassen den Chor auf langen Linien dahin fluten: Bruckner selbst legte Wert darauf, dass diese Sätze in einem sehr ruhigen Tempo auszuführen sind.

Wie er es bei allen seinen Werken praktizierte, unterzog Bruckner auch diese Messe späteren Überarbeitungen. In den Jahren 1876 und 1882 wurden alle Messen „rhythmisch geordnet“, das heißt ihr Periodenbau und ihre Architektur einer peinlich genauen Überprüfung unterzogen.

Die entstandene Endfassung wurde 1885 zum Abschluss der Jahrhundertfeierlichkeiten der Diözese Linz im alten Dom aufgeführt. Bruckner war anwesend, „stand an der Orgel mit verzückten, gegen die Wölbung des Domes gerichteten Augen und seine Lippen bewegten sich in stillem Gebete“ (A. Schreyer).

„Jenseits von allem Wenn und Aber“

Der Herausgeber der Messe in der Gesamtausgabe der Bruckner-Gesellschaft, Wien, Leopold Nowak, schreibt 1959 über die Messe: „Die e-Moll-Messe gehört zu jenen Meisterwerken kirchlicher Kunst, in denen Musik zum Gebet wird. Wegen des hohen Grades ihrer Vollendung steht sie jenseits von allem Wenn und Aber. Sie ist gleichermaßen hingegeben an einen heroischen Grad von Demut wie an den majestätischer Meisterschaft und vereinigt so Einfalt und höchste Weisheit, beide, in sich als ein vollgültiges Zeugnis für jene Kraft, die Anton Bruckner geschenkt ward, um Genie zu sein.“

Der Neue Dom in Linz ist die größte Kirche in Österreich – größer als der Stephansdom in Wien, aber nicht höher, denn höher als der „Steffel“ durfte in Österreich keine andere Kirche sein. Mit einer Länge von 130 Metern ist der Neue Dom in Linz nur wenige Meter kürzer als der Dom zu Speyer.

Der Eintritt zum Konzert am Samstag ist frei, um eine Spende wird gebeten. Am Pfingstsonntag um 10 Uhr erklingt im Dom die e-moll-Messe noch einmal im liturgischen Zusammenhang. Bruckners erste große Messe d-moll erklingt im Eröffnungskonzert der Internationalen Musiktage Dom zu Speyer im September. Das Credo der f-moll-Messe steht im Schlusskonzert der Musiktage auf dem Programm. Da wird auch das Te Deum des Meisters musiziert.

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