Speyer „Als Ritter wird man gerufen“

An diesem Wochenende sind die Ritter in Speyer: Samstag und Sonntag hält die Genossenschaft Rhein-Pfalz-Saar der „Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem“, kurz Johanniterorden, ihren 30. Rittertag in Speyer ab. Neben einem Gottesdienst am Sonntag, 10 Uhr, in der Gedächtniskirche stehen die Versammlung und der Vortrag „Reformation und Politik“ von Oberkirchenrat Gottfried Müller auf dem Programm.

Ein Name wie aus einem Historienroman: Wittigo von Rabenau. Er ist ein echter Ritter, Kommendator, also Oberhaupt der Ordensritter von Rhein-Pfalz-Saar, wohnt in Maxdorf, übt den bürgerlichen Beruf des Unternehmensberaters aus, und er organisiert den Rittertag in Speyer. Das hat nicht das Geringste mit einem Ritterspektakel zu tun. Der Orden, sagt er, ist ein „Gesundheitskonzern“ und damit die neuzeitliche Übersetzung des Ordenszweckes seit 900 Jahren, nämlich der Sorge für Kranke und Hilfsbedürftige. 13 Krankenhäuser, neuerdings auch ein Hospiz in Bremen, gehören dem Orden, außerdem etwa 90 Einrichtungen der Altenpflege. Etwa 1,5 Milliarden Euro Umsatz machen diese Einrichtungen jährlich. Besonders stolz ist von Rabenau auf die stark expandierende Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Neuwied. Zum Orden gehört auch die Johanniter-Unfallhilfe. „Obwohl die äußere Gestalt und die Aufgaben im Einzelnen sich sehr geändert haben, versuchen wir als Ordensritter, eine neuzeitliche Form alter Ritterideale aufrechtzuerhalten: christlicher Glaube, Schutz der Schwachen und persönliche Integrität vor allem“, sagt der Kommendator. Jeder Ordensritter engagiere sich nach Kräften ehrenamtlich, besonders, aber nicht nur, in den Ordenseinrichtungen, betont von Rabenau. Gibt es auch weibliche Ritter? „Nein, Ritterinnen gibt es bei uns so wenig wie im Mittelalter“, sagt er. Die Aufnahme weiblicher Mitglieder werde zwar immer wieder diskutiert, aber bisher habe die Tradition Oberhand behalten. „Wir sind halt ein Männerorden.“ Und wie wird man Ritter? „Als Ritter kann man sich nicht bewerben, man wird gerufen, wie wir das nennen. Üblicherweise engagiert sich jemand schon länger in der praktischen Diakonie, kommt zu Veranstaltungen, ist christlich überzeugt und mit untadeligem Lebenswandel überzeugend.“ Dann könne es sein, dass eine Kommende beschließe, ihn als „Ehrenritter“ aufzunehmen. Das ist die erste Stufe. Ein Anspruch bestehe nicht. Die Aufnahme könne nicht durch Spenden oder andere Zuwendungen gefördert werden. Ein Ehrenritter, könne zum Ritter geschlagen werden und heiße dann „Rechtsritter“. Von Rabenau: „Ganz mittelalterlich-traditionell in einer archaischen Zeremonie, der Schwertleite. Das Schwert mag zwar nicht mehr 900 Jahre alt sein, aber ein paar hundert Jahre hat es schon auf dem Buckel.“ Die Ordensmitgliedschaft sei seit der Nachkriegszeit nicht mehr an die ehemals adligen Familien gebunden, „aber traditionell gehört ein großer Teil dazu.“ Der Genossenschaft Rhein-Pfalz-Saar gehören 70 Mitglieder an. „Das ist relativ wenig, aber wir haben hier noch zusätzlich zirka 40 Mitglieder anderer Genossenschaften, die etwa aus beruflichen Gründen hier leben und die den eigenen Ritterbrüdern gleichgestellt sind“, informiert von Rabenau. Nachwuchsmangel kenne der Orden nicht, er sei mit derzeit 4500 Mitgliedern heute größer als zu den mittelalterlichen Glanzzeiten. Zwölf Mitglieder kamen im vergangenen Jahrzehnt dazu, sagt von Rabenau. In Speyer werden zwei neue Mitglieder zum Ritter geschlagen. Hobby-Rittern aus der Mittelalter-Szene gegenüber ist man übrigens großzügig: „Wenn das aus heimatgeschichtlichen oder aus Hobby-Gründen geschieht, haben wir keine Einwände, dass unser Name und unser Logo, das Johanniterkreuz, verwendet wird. Für kommerzielle Zwecke, wenn etwa jemand einen Johanniterkreuz-Likör verkaufen wollte, sagen wir nein.“

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