Rhein-Pfalz Kreis Wetter wechsle dich

Ludwigshafen. Erst war es der Hagel, der Salate zerschoss, jetzt lässt Druckwasser Kartoffeln und Zuckerrüben faulen. Die Schäden auf den Feldern im Rhein-Pfalz-Kreis summieren sich. „Wir sind seit einer Woche am Pumpen, um endlich das Wasser von den Feldern zu bekommen“, sagt Hartmut Magin aus Mutterstadt. Die Beregnungspumpe, für die es dieser Tage ja sonst keine Arbeit gibt, wurde von dem Landwirt kurzerhand umfunktioniert. Jetzt zieht sie Wasser vom Acker ab. „Die Lage im Entwässerungssystem hat sich zum Glück entspannt. Vor ein paar Tagen noch waren die Gräben am Überlaufen, da hätte diese Aktion nichts gebracht.“ Magin und seine Leute sind auch mit Hacke und Schaufel im Einsatz, um kleine Rinnen zu ziehen, die das Wasser forttragen. „Es wird Zeit, dass wir die Felder befahren und endlich wieder arbeiten können.“ Magin zufolge müssten dringend Pflanzenschutzmittel aufgetragen werden, um zumindest die Pflanzen zu retten, die noch da sind. „Ich weiß, es gibt Regionen, die schlimmer betroffen sind und da sind Leute gestorben, aber wenn man den Verlust sieht, tut es schon weh“, meint Magin. Immerhin ist er gegen Hagelschäden versichert. Auch der Mutterstadter Peter Fehmel ist fix und fertig, vor allem nach Fahrten durch die Felder. „Ich bin Gärtner, da draußen meine Pflanzen im Matsch zu sehen, das ist grausam.“ Seit 40 Jahren mache er nun den Job, aber so schlimm habe er es selten erlebt. „1996 hat uns dreimal hintereinander Hagel erwischt, das war schon doof. Aber so viel Wasser wie jetzt, ich erinnere mich nicht ...“ Sorge bereitet dem Mutterstadter eine Bauernregel: Dort wo einmal ein Unwetter war, zieht es immer wieder hin. Eine grauenvolle Vorstellung für ihn. Landwirte brauchen Fehmel zufolge jetzt nämlich vor allem zweierlei: trockenes Wetter und etwas Wind. Die Felder müssen entsumpfen. Zwischen Dannstadt und Mutterstadt sei die Situation ganz kritisch, „das ist eine Badewanne, in der das Wasser steht“. Auch die Fußgönheimer Kollegen hätten hart zu kämpfen, die seien ebenfalls seit Tagen am Pumpen. Fehmel hat der Hagel allein 600.000 Kohlrabipflanzen gekostet – und einige Scheiben seiner Gewächshäuser. Radieschen liegen zerschossen im Matsch. Viele Hektar Gemüsekulturen sind ersoffen. „Mein Sohn, der den Verkauf leitet, und ich werden eine Krisensitzung anberaumen müssen. Ab Juli, August werden wir Engpässe haben. Das müssen wir den Kunden kommunizieren. Und unseren Erntehelfern – die sind schließlich gekommen, um Stunden zu machen.“ Folientunnel lüften, mit Tauchpumpen Himbeeren vor dem Ertrinken retten, Menschenketten bilden, um Erntekisten von den Feldern zu kriegen. „Das ist alles großer Mist gerade, eine Belastung für Menschen und Maschinen.“ Werner Jotter aus Dannstadt hofft, dass er diese Woche wenigstens einen Satz Salat und einen Satz Blumenkohl auf die Felder bekommt. „Sonst sind die kleinen Pflanzen hin.“ Er hat nicht so ein großes Wasserproblem wie viele seiner Kollegen, aber auch bei ihm verzögern sich die Arbeiten. Vor allem die Ernte gestalte sich schwierig. Weil er mit dem Roder nicht auf den Acker kann, holt Jotter jetzt mit der Hacke Kartoffeln aus der Erde – wenigstens für den Privatverkauf. Die Hagelschäden auf seinen Feldern hat die Versicherung aufgenommen. Zwei Sachverständige waren vor Ort. Den größten Schaden haben die Eiskörner am Kopfsalat angerichtet. Auf einem Feld rechnet der Dannstadter Landwirt mit 90 Prozent Ernteausfall. „Es wird Zeit, dass das Wetter besser wird“, sagt Jotter. Auch Tim Ballreich vom Martinshof Beck in Dudenhofen hat genug von dem Extrem-Wetter: „Wir werden die Verluste dieses Jahr nicht mehr ausgleichen können“, sagt er. „Die Preise für Erdbeeren zum Beispiel sind im Keller, weil die Qualität nicht gut und der Markt überschwemmt ist.“ Anstatt Erdbeeren zu pflücken, mussten seine Männer am Wochenende schon wieder in Regenschuhen über die Felder stapfen und Wasser abpumpen. „Ich habe extra Wasserhosen gekauft“, sagt Ballreich. Schon vier- bis fünfmal mussten seine Leute in diesem Frühjahr Wasser von den Spargelfeldern pumpen. „Als wir am Wochenende fertig waren, hat es wieder angefangen zu regnen und wir konnten von vorn anfangen.“ Besonders problematisch sei es vor ein paar Wochen gewesen, als der Spargel noch komplett von Folien bedeckt war. „Die Folien haben einen Großteil der Erde abgedeckt, da konnte schon mal kein Wasser aufgenommen werden“, sagt Ballreich. Zwischen den Folien seien die Wege von den Arbeitern dann so plattgetreten gewesen, dass auch dort kaum Wasser aufgenommen wurde. „Also stand das Wasser auf dem Feld.“ Mittlerweile sei die Lage etwas entspannter, weil die meisten Felder nicht mehr mit Folien bedeckt sind. Besonders verheerend wirke sich das Wetter jetzt aber auf die Erdbeer-Ernte aus. „Wenn die Erdbeeren die ganze Zeit feucht sind und es dann immer wieder Phasen mit großer Hitze gibt, ist das die ideale Grundlage für Fäule“, sagt Ballreich. „Das ist ja schon fast ein tropisches Klima.“ Für Bertram Kalinke von der Hofgemeinschaft Mechtersheim ist klar: „Das ist eine Folge des Klimawandels. Ich habe in den 23 Jahren, in denen ich als Landwirt arbeite, noch nie so einen Regen erlebt wie in der Nacht von Freitag auf Samstag.“ Er baut Kartoffeln, Karotten, Soja-Bohnen und Kürbisse an. „Eigentlich sind wir darauf eingestellt, im Juni und Juli die Äcker künstlich zu beregnen, das kann man dann schön dosieren.“ Mittlerweile sei es aber nicht mal mehr vorhersehbar, wann und wo der Regen runtergehe. „Das war früher definitiv anders“, sagt Kalinke. „Da kam der Regen auch vom Atlantik und nicht aus dem Osten rübergezogen.“ Er habe am Wochenende aber relatives Glück gehabt. „Entscheidend ist die Neigung der Äcker, bei uns ist das meiste abgelaufen oder versickert.“ Nur ein paar Dämme mit Karotten habe es weggeschwemmt. Trotzdem sei das wechselhafte Wetter schwierig: „Unser Personal, das Beschäftigung sucht, kann bei so einem Wetter nicht auf die Äcker. Die Leute müssen zu Hause bleiben.“ Auch im Süden des Kreises wünschen sich die Bauern deshalb dringend besseres Wetter.

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