Rhein-Pfalz Kreis „Standortverlagerung war nie Thema“

Hat Manfred Gräf (CDU) im vergangenen Jahr als damaliger Bürgermeister seine Informationspflicht gegenüber dem Gemeinderat verletzt, oder hat er einfach nur nicht die Flöhe husten hören, als das Unternehmen Lekkerland sich nach dem Gewerbegebiet Auf dem Wörth erkundigte? Um diese Frage ging es am Montagabend im Bobenheim-Roxheimer Gemeinderat. Viel wurde da geredet, aber die große Aufklärung brachte die Sitzung nicht.

Die „Anhörung“ war kurz vor den Kommunalwahlen auf Antrag der Wir Bürger anberaumt worden, weil der Schock darüber, dass das Logistikzentrum des Großhandelsunternehmens Lekkerland im nächsten Jahr nach Frankenthal übersiedeln will, einfach zu groß ist. Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte gegenüber der RHEINPFALZ angedeutet, sein Vorgänger habe schon länger Kenntnis von den Firmenplänen gehabt. Gräf hatte dem widersprochen, und die Gemeinderatsmitglieder konnten auf Fragen der Bürger und Presse nur sagen: „Wir sind schockiert und wissen von nichts.“ Am Montagabend vor rund 15 Zuhörern ergab sich dem Rat aus Aussagen von Gräf und Müller in etwa folgendes Bild: Im Oktober 2012 und im Juli 2013 hatte die Gemeindeverwaltung auf eigene Initiative Routinegespräche mit der Leitung der Bobenheim-Roxheimer Niederlassung. Dabei sei es um alle möglichen Themen und Wünsche des Unternehmens gegangen. Unter anderem sei Bürgermeister Gräf gefragt worden, wie denn die Situation im Gewerbegebiet Wörth sei. Eine mögliche Standortverlagerung sei nicht erwähnt worden. Laut Gräf hat die Verwaltung dem Unternehmen danach die üblichen Unterlagen zu dem Gewerbegebiet zukommen lassen und bis zum Ende von Gräfs Amtszeit im Dezember weder von Lekkerland noch vom Eigentümer des Betriebsgeländes wieder etwas gehört. „Es war außerhalb meiner Vorstellungswelt, dass das Unternehmen ernsthaft an Wegzug denken könnte, ohne mit uns darüber zu sprechen.“ Deshalb sei das auch nicht Thema bei der Einarbeitung von Müller in das Bürgermeisteramt gewesen. Allerdings soll im Juli 2013 auch der Inhaber der neben Lekkerland angesiedelten Abbruchfirma gegenüber der Verwaltung die Erweiterungswünsche erwähnt haben. Als Müller Ende Februar aus derselben Quelle zum ersten Mal von angeblichen Expansionswünschen des Logistikzentrums erfuhr, war seiner Aussage nach schon alles zu spät. „Ich habe am folgenden Tag einen Termin mit dem Niederlassungsleiter verlangt“, so Müller, aber dieser habe mehrere Termine platzen lassen – bis Ende April. „So lange hat er wohl gebraucht, um das mit Frankenthal unter Dach und Fach zu bringen. Am 29. April war mein erstes und einziges Gespräch mit Lekkerland.“ Am 7. Mai gab die Firma den geplanten Umzug der Presse bekannt. Hartnäckig bohrten etliche Ratsmitglieder nach. Ursula Reinhart (Wir Bürger) fragte Gräf, warum denn über das Gespräch zwischen ihm und Lekkerland Vertraulichkeit vereinbart worden war, um die Mitarbeiter nicht zu beunruhigen. Rainer Schiffmann (SPD) und Hans-Georg Löcher (FWG) wollten eine Erklärung dafür, dass bei Gräf „die Alarmglocken nicht geläutet“ hatten und nicht wenigstens der Ältestenrat informiert worden war. Gräf sagte, Vertraulichkeit sei übliche Praxis im Umgang mit Betrieben, und in der Vergangenheit seien immer mal wieder Informationen aus nicht öffentlichen Gremiensitzungen nach außen gedrungen. Er stehe dazu, dass er zurückhaltend gewesen sei und „keine Gerüchte in die Welt setzen“ wollte. Während SPD, FWG und Wir Bürger deutlich ihren Unmut äußerten, versuchten CDU-Mitglieder, den Altbürgermeister zu verteidigen. Franz Freer nannte Gräf einen „alten Hasen“ im Umgang mit Firmen, der aber nichts dafür könne, wenn Unternehmen „ihre eigene Suppe kochen“. Auch Rainer Knies warf die Frage auf, wieso Lekkerland die Gemeinde nicht konkret nach Erweiterungsmöglichkeiten gefragt habe. „Im Nachhinein ist jeder schlauer“, sagte Knies. (ww)

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