Rhein-Pfalz Kreis „Karl May war ja nirgendwo“

Die Romane von Karl May wurden mit Pierre Brice (links) als Apachen-Häuptling Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand verfil
Die Romane von Karl May wurden mit Pierre Brice (links) als Apachen-Häuptling Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand verfilmt. Der Abenteurer Old Shatterhand soll aber ein ganz reales Vorbild gehabt haben. Darüber hält der Historische Verein Limburgerhof einen Vortrag.

«Limburgerhof.» Die Geschichten um die Freundschaft zwischen dem Indianerhäuptling Winnetou und dem weißen Abenteurer Old Shatterhand werden von Generationen von Lesern geliebt. Und Old Shatterhand gab es wohl wirklich. Er wurde als Prinz in Neuwied geboren. Inwiefern er als Vorlage für Karl Mays Roman diente und was der Schweizer Maler Karl Bodmer damit zu tun hatte, verrät der Vorsitzende des Historischen Vereins Limburgerhof, Markus Schlereth, im Gespräch.

Herr Schlereth, Ihr Vortragsthema lautet: „Der echte „Old Shatterhand“ - Prinz Maximilian zu Wied, ein fürstlicher Indianer-Freund. Eine Expedition in das Innere Nord-Amerikas.“ Wer ist der Unechte?

Den Namen Old Shatterhand hat Karl May benutzt, aber Karl May hat ja eine Vorlage gehabt. Und das sind die Beschreibungen vom Prinz zu Wied. Der hatte in Wirklichkeit einen Indianerfreund, einen Indianerhäuptling des Mandan-Stammes mit Namen Mato Tope, zu dem er wirklich eine Beziehung aufgebaut hatte. Das erinnert jetzt schon an Old Shatterhand und Winnetou ... Ja, die Aufzeichnungen des Prinzen haben Karl May garantiert zu den Figuren Winnetou und Old Shatterhand inspiriert. Viele seiner Beschreibungen kann er ja nur von dem Prinz zu Wied haben. Warum? Karl May hat massiv solche Reiseberichte gelesen. Er war selbst nirgendwo. Er war ja erst 1908 in den USA und auch seine Kurdistan-Beschreibungen hat er sich aus den damaligen populären Reisebeschreibungen genommen. Die Landschaftsbeschreibungen, die ortstypische Kleidung. Das hat der Prinz zu Wied von seiner Amerika-Reise mitgebracht und nicht nur das, er hat auch Bilder mitgebracht. Er war ein absoluter Bestseller zu seiner Zeit. Bilder? Auf die Vorzüge moderner Digitalkameras konnte der Prinz noch nicht zurückgreifen. Wie hat er die Bilder also festgehalten? Generell ist der versteckte Kracher an der ganzen Sache der Schweizer Maler Karl Bodmer, der den Prinzen zu Wied begleitet hatte. Er hatte ihn als Hofmaler engagiert. Sie waren zu dritt unterwegs. Sein Hofjäger, Bodmer und er. Was die Reise in Erinnerung hält, sind die ganzen Gemälde. Die amerikanischen Museen haben über die Zeit seine Bilder gekauft, man hat daher in Europa proportional wenige davon. Wied geriet in Vergessenheit. Kann man festmachen, wie viel vom echten Prinzen letzten Endes in der fiktiven Figur Old Shatterhand steckt? Nein, keine Chance. Man kann nur sagen, dass die Landschafts- oder Kleidungsbeschreibungen den Autor inspiriert haben. Man kann keine Analyse machen, sprich ein Destillat aus dem man entnehmen kann, was der eine vom anderen übernommen hat. Dass ich den Namen Old Shatterhand für meinen Vortrag gewählt habe, war reine Willkür. Ich wollte nicht einfach nur sagen „Prinz Maximilian zu Wied“. Das hätte keinen gelockt (schmunzelt). Ich hätte auch sagen können „Der mit dem Wolf tanzt“. Wie stießen Sie auf das Thema? Ich persönlich habe einen Faible für Reisebeschreibungen, die ich maximal bis 1933 lese. Die Autoren kommen mit ihrer Vorstellung als Europäer in eine komplett fremde Welt. Zum Teil mit der Denke, dass woher sie kommen, alles richtig ist (lacht), und mit diesem Blick wird dann auf die Fremde geschaut. Diese fremde Welt, die sie gesehen haben, ist ja nicht mehr da. Die meisten Volksstämme, die auch der Prinz zu Wied gesehen hat, die waren einige Zeit später weg – krankheitstechnisch ausradiert. Heute schwinden die Entfernungen und die Zeiten, es ist absolute Normalität in einen anderen Kulturkreis zu gehen. Wer ist denn damals mehr als 30 Kilometer gereist? Reisen Sie selbst gerne? Ich habe durch meinen Beruf den ganzen deutschsprachigen Raum befahren. Von Eisenhüttenstadt bis Bremen, Graz und Bern. Daher kommt mein Blick für Entfernungen und ich denke oft darüber nach, was heute alles möglich ist. Wie kommt ein deutscher Prinz dazu, sich auf die Spuren der nordamerikanischen Indianer zu begeben? Der Prinz war nicht der Erbprinz, sondern eines der hinteren Kinder. Somit war klar, dass er Prinz bleiben wird, wenn auch ein „fürstlicher Prinz“. Was macht man da? Entweder man geht zur Kirch’ oder zum Militär – die Frauen Richtung Kloster. Er ist zum Militär und hat eine Vita mit hohem militärischen Rang, war aber schon von klein auf wissenschaftlich interessiert. Er hatte Privatlehrer, die ihn an die Natur herangeführt haben. Er hat auch Forschungsarbeiten aus unserer Region angefertigt. Amerika war seine letzte große Reise von 1832 bis ’34. Es waren keine TUI-Reisen damals, er war auch sehr krank. Sind Sie Winnetou-Fan? Mir gefällt an der Figur Winnetou, dass sie ehrlich, gerecht und tapfer ist. Es ist Karl Mays positive Haltung gegenüber anderen „Rassen“, dass alle Menschen gleich sind. Die Vortragsthemen des Historischen Vereins gehen über Limburgerhofs Geschichtsgrenzen weit hinaus. Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie Vortragsthemen aus? Unsere Gegend gibt vortragstechnisch nicht so viel her. Die Tradition der Vorträge habe ich von meinem Mit-Vorstand, Dr. Bipp, geerbt. Er hat für mich die ambitionierte Vorgabe von zehn Vorträgen pro Jahr hinterlassen. Es soll sich unter „geschichtlich“ subsumieren lassen. Also nicht unbedingt um Autos drehen, es sei denn über die Historie eines ganz bestimmten Autotyps. Es ist schwierig, die zehn Vorträge zusammen zu bekommen mit der Budgetvorgabe. Aber zu uns kommen mitunter auch Professoren, die normal Tausende kosten, weil sie unsere Vortragslinie gut finden und uns einen Gefallen tun möchten. Im Moment haben wir den Schwerpunkt normalerweise etwas auf die Römer gelegt. Termin Morgen, 14. Juni, 19 Uhr, findet im Kleinen Kultursaal am Burgunder Platz, Limburgerhof, ein Vortrag zum Thema „Der echte „Old Shatterhand“ – Prinz Maximilian zu Wied, ein fürstlicher Indianer-Freund. Eine Expedition in das Innere Nord-Amerikas.“ statt. Er wird von der Volkshochschule des Kreises und dem Historischen Verein Limburgerhof veranstaltet. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen: www.HiVeLi.de.

Markus Schlereth.
Markus Schlereth.
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