Rhein-Pfalz Kreis Kamelle! Aber nicht für alle ...

Ludwigshafen. Er ist Hobbymusiker und bei der Uno Waldsee aktiv. Am Fasnachtsdienstag steht Uwe Zürker allerdings auf seinen Skiern. „Zu dem Zeitpunkt bin ich ja schon schwer im Einsatz gewesen, das Programm in der närrischen Zeit ist schließlich umfangreich – diesen Tag nutze ich aber für einen Vater-Sohn-Ausflug“, sagt der Leiter der Limburgerhofer Verwaltung. In den Schwarzwald, auf den Feldberg, geht es also. Weiß ist es dort oben, jetzt muss nur noch das Wetter passen. „In den vergangenen Jahren haben wir immer Sonne gehabt, und oft lag mehr Schnee als an Weihnachten in Bayern.“ Na dann, Ski Heil. Das ist auch Martina Eisel zu wünschen. Sie arbeitet in der Böhl-Iggelheimer Verwaltung, Stabstelle Wirtschaftsförderung und Standortmarketing, und nutzt gleich das komplette Wochenende bis Aschermittwoch für einen Ausflug in die Berge. „Die Kinder haben schulfrei – ansonsten ist es ja schwer zum Skilaufen zu kommen, also packen wir die Gelegenheit beim Schopf und unsere Koffer.“ Als Fasnachtsverweigerin sieht sich Eisel trotzdem nicht. Als Niederkirchenerin empfiehlt sie die Party des TuS samstagabends in der Mehrzweckhalle. Die scheint in der Tat beliebt zu sein. Sie war ausverkauft, das haben unsere Recherchen ergeben. Auf dem Sofa ein Buch lesen, so stellt sich Albrecht Kolb den Dienstagnachmittag vor. Früher war der Kämmerer der Schifferstadter Verwaltung in der Fasnacht aktiv, hat aber seine Ämter inzwischen an den Nagel gehängt. Das heißt aber nicht, dass dort auch sein Humor oder karnevalistischer Geist baumeln. So könnte es durchaus sein, das Albrecht Kolb am Rosenmontag verkleidet im Büro erschienen ist. „Das habe ich schon öfter gemacht.“ Im Dirndl, Schottenrock, als Engel oder Till Eulenspiegel hat er dann auf seinem Stuhl Platz genommen. „Es kommt ein bisschen aufs Wetter an, ob ich mich verkleide. Im Dirndl auf dem Fahrrad kann es doch etwas kalt werden ...“ Und eines muss Kolb auch stets überprüfen. „Ob das Zeug überhaupt noch passt.“ „Total fantasielos“, antwortet Gerhard Schaa auf die Frage, wie er den Dienstagnachmittag verbringt. „Ich laufe beim Umzug mit.“ Na und, das machen so einige ... „Ja, aber ich laufe nicht als Teil des Programms mit, sondern als Vertreter der Ordnungsbehörde.“ Damit ist verraten, in welchem Bereich der Dannstadt-Schauernheimer Verwaltung Schaa arbeitet. Er wird den Zug auch nicht verkleidet begleiten, sondern mit seiner Dienstjacke. „Damit die Leute sehen, in welcher Funktion ich unterwegs bin. Das ist wichtig, vor allem, wenn es doch mal Ärger geben sollte. Da muss ich nicht erst lange diskutieren, wer ich bin.“ Normalerweise laufe der Umzug jedoch friedlich ab. Und so bleibt Schaa, mit der Polizei die Stellen zu sichern, an denen Probleme auftreten können. Nach dem Umzug geht der Fachbereichsleiter Bürgerservice zu seinem Verein. Das ist im Fall Schaas der MGV Frohsinn. „Dienstags ist Fischessen.“ Auf Aschermittwoch warten. Nee, die Sänger ziehen das Programm straff durch. Wenn Gerhard Schaa also dem Zug mit ernster Mine vorausläuft, hat er bereits mit dem MGV zwei Prunksitzungen über die Bühne gebracht. Ein Fasnachtsmuffel ist er nicht. Gunther Holzwarth geht freiwillig auf den Zug. Er ist echter Mutterstadter und Büroleiter der Verwaltung. Er ist gerne dort im Ort, wo sich was tut. „Ich will ja auch mitreden können“, sagt der 48-Jährige und lacht. Aber nicht jeder im Rathaus will Fasnacht feiern, nicht jeder sich einen halben Tag freinehmen. „Inzwischen kommen viele von außerhalb. Sie machen sich nicht so viel aus dem Mutterstadter Umzug. Das kann ich verstehen. Aber es bringt einfach nichts, die Verwaltung offen zu lassen.“ Holzwarth kann sich nur zu gut vorstellen, wie so manch Sektbeseelter plötzlich auf die Idee kommt, seinen Ausweis verlängern zu lassen oder Gelbe Säcke abzuholen. „Das Rathaus liegt mittendrin im Geschehen. Hier kann kaum ein geordneter Betrieb laufen, wenn draußen die Narren toben.“ Auch Gerd Steigleder, Geschäftsführender Beamter im Schifferstadter Rathaus, geht freiwillig zum Fasnachtsumzug. Er geht allerdings fremd: „Es ist eine Familientradition, dass wir zum Umzug nach Waldsee gehen.“ Einen Vorwurf kann man Steigleder nicht machen: In Schifferstadt gibt’s keinen Fasnachtsumzug. Er ist quasi zum Fremdgehen gezwungen. Gehen ist hier wörtlich zu verstehen, denn Familie Steigleder nutzt die Gelegenheit zu einem Spaziergang. Im Gepäck: Sekt. Der wird auch immer an derselben Stelle getrunken – Gerd Steigleder hat mit seiner Frau einen Stammplatz. Nur wo genau der ist, das weiß er nicht: „Ich finde die Stelle immer wieder. Aber ich könnte den Weg nicht beschreiben. Irgendwo in der Hauptstraße. Da wird auch viel geworfen.“ Aha, fleißig Kamelle gesammelt wird also auch? „Was auf uns runterregnet, fangen wir auf.“ Die Kinder sind mittlerweile aber schon groß und nicht mehr mit von der Partie. Verkleiden wird sich Gerd Steigleder allerdings nicht. Obwohl: „Vielleicht werde ich genötigt, einen Hut aufzusetzen.“ Komplett gar nichts mit Fasnacht am Hut hat Joachim Loch – weshalb sich der stellvertretende Büroleiter bei der Verbandsgemeinde Waldsee über die tollen Tage auch freinimmt. Warum er sich freiwillig dem närrischen Treiben entzieht? Da ist wohl ein Kindheitstrauma dran schuld. „Ich war nach dem Kinderfasching immer krank. Beim Umzug hatte ich immer kalte Füße.“ Aber Loch ist da auch selbstkritisch: „Ja, da kann man mir vielleicht Unvermögen vorwerfen, dass ich die Situation nicht im Griff hatte“, sagt er und lacht. Doch der 54-Jährige weiß, was er mit der freien Zeit anfängt: „Ich werde an Haus und Hof arbeiten.“ Timo Zieger verweigert auch. Er verweigert sogar den halben freien Tag. Freinehmen ist in der Kreisverwaltung nämlich nicht Pflicht. Zwar schließen sich um 12 Uhr die Pforten des Kreishauses für den Publikumsverkehr, wer dann aber weiter arbeiten möchte, wird nicht daran gehindert. Der Abteilungsleiter für Weiterbildung, Kultur und Sport sieht sich nicht als genereller Karnevalsverweigerer, aber auch nicht „als brutaler Fasnachter“. Und die Zeiten interner Partys, die der Personalrat veranstaltet hatte, sind sowieso vorbei. „Also werde ich malochen, so ist das eben.“ Bleibt noch eine letzte Frage zu klären: Was macht eigentlich eine ehemalige Fasnachtsprinzessin an Fasnacht? Annette Lorenz, rechte Hand von Altrips Ortsbürgermeister Jürgen Jacob, war 1986 Prinzessin der Altriper Wasserhinkle. „Ich werde auf den Umzug gehen. Ich lasse den Chef nicht alleine auf dem Rathausbalkon stehen“, sagt die Ex-Tollität. Das mache ihr immer noch Spaß, auch wenn sie keine Gutsel sammelt. Der Altriper Umzug sei klein aber fein. „Und man trifft Leute, die man sonst das ganze Jahr über nicht sieht.“ Ein bisschen Familienzusammenführung ist auch noch dabei: Tochter Vanessa, die früher bei den Wasserhinkle in der Garde getanzt hat, kommt zu Besuch. Und bei den Guggemusikern der Ketscher Hewwlguggler, die beim Umzug mitlaufen, ist ihr Patenkind dabei. „Und danach geht’s zum Kehraus ins Alta Ripa.“

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