Rhein-Pfalz Kreis „Ich bin froh, ein Dorfkind zu sein“

GROSSKARLBACH. Weingüter sind oft über Generationen gewachsen. Wer als Winzer keine Söhne oder Töchter hat, die den Betrieb übernehmen, muss sein Lebenswerk irgendwann aufgeben. Aber es gibt auch den anderen Fall: den Jungwinzer, der kein eingesessenes Weingut erben kann und einen Betrieb selbst aufbauen muss. Daniel Dietrich in Großkarlbach ist so einer. Vor drei Jahren hat er sich selbstständig gemacht mit dem kleinen 40 Jahre alten Krieger-Traktor seines Vaters. Er hat durchgehalten – trotz eines Bandscheibenvorfalls.

Dietrich fühlt sich wohl auf dem Land, in seinem Dorf, in dem seine Eltern und Großeltern schon lebten, wo jeder jeden kennt. „Ich bin froh, ein Dorfkind zu sein“, sagt er. „Ich schätze den Zusammenhalt. Und in Großkarlbach leben noch relativ viele in meinem Alter.“ Dieses Netzwerk aus Familie, Freunden und guten Bekannten hat ihm auch zum Traum vom eigenen Weingut verholfen. Schon als Kind habe er die gemeinsame Arbeit im Wingert geliebt, wenn sein Vater, von Beruf Schlosser, am Wochenende rausfuhr zu seinem halben Hektar, dessen Ertrag er an die Winzergenossenschaft ablieferte. Dietrich schwärmt vom Gemeinschaftsgefühl, der Brotzeit zwischen den Reben. So kam es, dass er nach der Realschule eine dreijährige Winzerausbildung machte bis zum Wirtschafter – und das, obwohl er als Bluter doppelt aufpassen muss, sich nicht zu verletzen, an Ästen zu schneiden oder im holprigen Gelände so umzuknicken, dass die Gelenke einbluten. „Ich könnte mich nicht den ganzen Tag vor den PC setzen“, sagt Dietrich. „Als Winzer, da ist jeder Tag, jedes Jahr neu.“ In die Stadt habe er nie ziehen wollen, sagt der 25-Jährige. „Zu unpersönlich.“ Wenn schon, dann gleich nach Australien, Chile oder Kalifornien. Doch gerade, als er sich nach seiner Ausbildung für ein halbes Jahr aufmachen wollte in die weite Weinwelt, kam das überraschende Angebot: Ein Winzer im Ort ohne Nachfolger bot ihm vor drei Jahren an, seine Weinberge zu übernehmen – ein Glücksfall. „Es gibt viele große Weingüter im Umkreis, die Wingerte kaufen oder pachten zu Preisen, die man als Jungwinzer nicht bezahlen kann“, sagt Dietrich. Doch zu seinem Glück habe der Besitzer lieber einem Jungen wie ihm eine Chance geben wollen. Fünf Hektar habe er so zu dem halben seines Vaters dazubekommen und dann nach und nach auch das Land seines Großvaters zurückgeholt, das an andere verpachtet war. 7,5 Hektar sind jetzt beisammen – drei Viertel Rot- und ein Viertel Weißwein mit je vier Sorten. Auf zehn bis zwölf Hektar will Dietrich in den nächsten zehn Jahren wachsen und vor allem den Flaschenwein ausbauen. Die Tanks habe er von einem Winzer übernehmen können, der auf Stahl umgerüstet hat. Und auch die vielen Anbaugeräte und Maschinen wurden gebraucht gekauft. Da die beiden elterlichen Scheunen in Großkarlbach schon voll sind mit Traktor und Flaschenlager, sucht er noch eine Halle im Ort. Zum Anwesen der Eltern gehört auch das Wohnhaus der Großeltern an der Straße, in das Dietrich gerade eine Weinprobierstube einbaut und oben eine Wohnung für sich. „Ich blicke dem Auszug aus dem Hotel Mama entgegen.“ Er hat sich vorgenommen, nach fünf Jahren schwarze Zahlen zu schreiben. Noch brauche er Kredite für die laufenden Kosten von 80.000 bis 100.000 Euro pro Jahr – für Pacht, Spritzmittel, Gerätschaften, Reparaturen, Neuanlagen, Versicherungen, Miete. Der junge Mann ist zuversichtlich, sich neben den anderen beiden Weingütern mit Namen Dietrich in Großkarlbach behaupten zu können mit seinem Markenzeichen: DD. Dabei war der Start alles andere als leicht mit seinem Bandscheibenvorfall, den er sich beim Ausreißen der 40 Jahre alten Rebstöcke zugezogen hat. Die übernommenen fünf Hektar Rebenfläche sind teilweise überaltert und müssen in den nächsten Jahren neu angelegt werden. Mit dem Betriebswirtschaftlichen habe er sich erst einmal vertraut machen müssen. „Auch sonst braucht es eine Zeit, bis man die Selbstständigkeit verinnerlicht hat“, sagt Dietrich. „Wenn man sieht, wie die Freunde um vier oder fünf Feierabend machen, und man selbst steht noch im Wingert und schneidet ...“ Doch er genießt die Selbstständigkeit auch. „Ich bin im Moment dabei, mich als Winzer auszuprobieren.“ Dazu gehören: Barriquewein, Spontangärung, Maischestandzeit, ein Entrapper für daheim, damit er mit der Hand lesen kann. Erfolg habe er schon mit dem Wingertsheisel, in dem er seine Weine vermarktet und wo er heute und am morgigen Sonntag ein eigenes Weinfest veranstaltet. Seinen Meister will Dietrich bald noch machen. Und einmal einen Wein mit dem Namen Faktor acht herstellen in Anspielung an ein Medikament zur Blutgerinnung und den Erlös der Deutschen Hämophiliegesellschaft stiften. Er hofft auch auf Auszeichnungen wie Kammerpreismünzen für seine Weine. Sportlich ist ihm das schon gelungen, nachdem sein Rücken wieder in Ordnung ist. Er hat die Goldmedaille und somit den deutschen Meistertitel im Einzel der Breitensportkegler gewonnen. Im Sommer wechselt Dietrich von Oggersheim zum SKC Monsheim. Dort hat er kommende Saison Chancen, in der Zweiten Bundesliga der Sportkegler zu spielen.

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