Mutterstadt Geschichte: Als Mutterstadt einen Oberbürgermeister hatte

Der Stempel verweist auf das Mutterstadter (Ober-)Bürgermeisteramt.
Der Stempel verweist auf das Mutterstadter (Ober-)Bürgermeisteramt.

Vor 200 Jahren, im Jahr 1824, endete die Amtszeit von Jakob Biebinger, der als Oberbürgermeister an der Spitze der Mutterstadter Verwaltung stand. Als Oberbürgermeister? Ja, das gab es wirklich. Die Gemeinde Mutterstadt hatte mal einen Verwaltungschef, dem dieser Titel zugeschrieben werden kann. Es waren besondere Zeiten.

Vor 250 Jahren, am 1. Februar 1774, wurde Jakob Biebinger geboren, der zehn Jahre lang, von 1814 bis 1824, in seinem Heimatort als Chef der Mutterstadter Verwaltung wirkte. Jakob (oder auch Jacob) Johann Biebinger stammte aus einer bäuerlichen Großfamilie, die der reformierten Kirche angehörte und die regen Anteil nahm am politischen und gesellschaftlichen Leben im Ort. Schon der Großvater Sebastian Biebinger war von 1778 bis 1788 Bürgermeister (Schultheiß) gewesen.

Nach der Französischen Revolution, den daraus folgenden Kriegen und der französischen Zeit auf den linksrheinischen Gebieten wurde 1798 das Departement Donnersberg gebildet mit dem Arrondissement Speyer, gegliedert in zehn Kantone. Einer davon war der Kanton Mutterstadt. Dieser umfasste die Bürgermeistereien (Mairen) der Orte Mutterstadt, Altrip, Alsheim, Schauernheim, Böhl, Dannstadt, Hochdorf, Assenheim, lggelheim, Fußgönheim, Neuhofen und die damals noch selbstständigen Orte und heutigen Ludwigshafener Stadtteile Friesenheim, Mundenheim, Maudach, Rheingönheim, Ruchheim und das Städtchen Oggersheim.

Zeit des Umbruchs

Der größte Ort war Mutterstadt mit seinerzeit knapp 2000 Einwohnern; trotzdem wurde Oggersheim Sitz der Kantonsverwaltungsbehörde wegen der, heute würde man sagen, fehlenden Infrastruktur in Mutterstadt. Jakob Biebinger war schon von 1799 bis 1801 „Adjoint“ (Beigeordneter) der Gemeinde und stand dann vom 4. Mai 1814 bis zum 31.Dezember 1824 an der Spitze der Verwaltung.

Es war die Zeit des politischen Umbruchs: Österreich und Bayern (ab 1817 Bayern allein) übernahmen die Verwaltung der seit 1801 französisch regierten Pfalz. Der Kanton Mutterstadt blieb bestehen, wurde dem Landkommissariat Speyer zugeordnet und später in „Distrikt“ umbenannt. Jakob Biebinger führte anfangs noch den Titel „Oberbürgermeister“ (Maire). Der gesellschaftliche Wandel und Alltag in den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen in der Pfalz, hervorgerufen durch die ldeen und Ereignisse der Französischen Revolution und deren Folgen, waren zu bewerkstelligen.

Biebinger hatte, auf Grund der besonderen Stellung Mutterstadts als größter Ort innerhalb des Kantons, einen bedeutenden Einfluss auf die Gesamtverwaltung mit den 17 Orten.

Führungskraft mit Weitblick

Die Neuordnung der Besitzverhältnisse an Rechten und Grundstücken, Bau, Umbau und Renovierung öffentlicher Gebäude, der Ausbau des Dorfes, die Überleitung vom französischen ins bayerische Staatsgefüge, die Unterbringung von russischen und preußischen Armeeangehörigen und die Kriegsfolgelasten bestimmten die Amtszeit Biebingers. Das alles erforderte zu dieser Zeit eine Führungsperson mit Weitblick und Durchsetzungsvermögen. Beides hatte der damalige Mutterstadter Oberbürgermeister Jakob Biebinger.

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