Rhein-Pfalz Kreis Flott von Ufer zu Ufer

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Otterstadt/Brühl. „Na, alles klar? Wie geht’s dir?“, erkundigt sich Fährkapitän Ismet Günay, als er den Kombi samt Anhänger auf der Ladefläche unter sich erspäht. Das schöne Wetter ermöglicht den Austausch durch das offene Fenster. Der angesprochene Autofahrer blickt kurz nach oben, lächelt, winkt und klettert einige Augenblicke später die Leiter zur Kapitänskabine nach oben. „Grüß dich. Alles bestens bei mir“, erklärt Michael Mehl. Der 47-Jährige und Günay kennen sich schon lange und plaudern miteinander, während weitere Fahrgäste auf die Fähre strömen. Freundlicher Small Talk wie unter Bekannten oder Familienmitgliedern, die sich länger nicht gesehen haben. „Früher hatten wir ein Pferd drüben auf der Insel“, verrät der Brühler. Mittlerweile komme er mit seiner Familie aber nur noch regelmäßig zum Bootfahren, etwa mit dem großen oder mit dem Schlauchboot. Die Ladefläche ist inzwischen voll. Matrose Manfred Beck bittet die Fahrgäste zur Kasse. Zeit für Mehl, zu Auto und Familie zurückzukehren, und für Günay, abzulegen. Lange bleibt die Fähre ohnehin nie an einem Ufer. Zumal bei schönem Wetter wie heute auf der anderen Rheinseite schon wieder etliche Ausflügler warten, als sie ablegt. Ralf Herrmann kommt just vom Campingplatz auf der Kollerinsel, wo er mit Tochter Emilia die Wochenenden verbringt. Die Dreijährige schläft friedlich im Kinder-Fahrradanhänger. „Wir leben in Schwetzingen und die Fähre ist der kürzeste Weg zum Campingplatz. Wir sind froh, dass wir sie haben“, erklärt er. Einige Minuten später schwimmt die Fähre unter dem blauen Sommerhimmel erneut über den Rhein. Ein junges Pärchen nutzt die Gelegenheit für Erinnerungsfotos. Derweil trifft der Kapitän mal wieder punktgenau die Rampe am Ufer. Ob das Manöver bei der starken Strömung schwierig ist? „Mit ein bisschen Übung ist das kein Problem“, erklärt er. Knifflig werde es höchstens, wenn Sportboote ausgerechnet in dem Moment vorbeibrausen und einen ordentlichen Wellengang verursachen. Heute rasen nur ab und an einige Jetskis lärmend und in gebührendem Abstand vorüber. Die Steuerung des Schottelantriebs mit seinen zwei je 170 PS starken Motoren sieht mit gleich zwei kleinen Steuerknüppeln, zwei Gashebeln und mehreren Knöpfen auf den ersten Blick kompliziert aus. Günay beherrscht das alles aber aus dem Effeff. Das ist angesichts seiner Erfahrung kein Wunder. Seit 1978 fährt er schon zur See. Als junger Mann gelangte er so bis nach Australien und Neuseeland, wie zum Beispiel ein Foto mit der Oper in Sydney im Hintergrund belegt. Irgendwann begnügte er sich mit „kleinen“ Fahrten durchs Mittelmeer und vor den Küsten Skandinaviens. Dann kam die Liebe ins Spiel und Günay wurde sesshaft. Seit 1992 arbeitet er daher bei einem Ludwigshafener Unternehmen als Kiestransporterführer, das ihm und Matrose Beck seit sieben Jahren erlaubt, für die Fährsaison zwischen der Kollerinsel und Brühl zu pendeln. So ein großes Schiff schiebt sich jetzt auch entlang der Kollerinsel durch den Fluss. Deshalb muss die Fähre jetzt doch einmal ein paar Minuten warten. Bei gutem Wetter erkennt Günay diese Rheinriesen schon von Weitem. Bei schlechter Sicht kann er sich seit Kurzem auf den Laptop verlassen, der neben den Armaturen in der Kapitänskabine steht. Das Gerät verfügt über Transpondertechnik und übermittelt die Position aller auf dem Fluss fahrenden Gefährte in Echtzeit. „Das ist seit diesem Jahr Pflicht“, informiert er über die neue Sicherheitsvorschrift. Kaum ist der Weg frei, legt die Fähre sofort wieder ab. Und schon schaut der nächste Fahrgast auf einen kurzen Plausch vorbei. „Ich habe bereits 30 Jahre Fährerfahrung und finde die Fähre einfach gut“, sagt Gerhard Meiszies aus Brühl. „Den Fährmann auch“, ergänzt er und klopft Günay freundschaftlich auf die Schulter. Der Kollerfährenkapitän schätzt den Austausch mit den Leuten. Sie seien alle sehr nett. „Ich kenne fast jeden, wir sind wie eine Familie“, erzählt er. Viele hätten Segelboote oder Campingplätze auf der Kollerinsel oder im Reffenthal. Manche besäßen auch Pferde auf dem Reiterhof oder gingen einfach nur im dortigen Restaurant essen. Morgens und abends nutze zudem das Personal die Fähre, um zur Arbeit zu gelangen, schildert er seine Beobachtungen. Dazu gehört auch die ein oder andere eher amüsante Begebenheit: „Vor zwei Jahren haben hier Ruderer abgelegt. Sie waren kaum losgefahren, als ein Sportboot kam und so starke Wellen ausgelöst hat, dass sie umgekippt sind.“ Eine leichte Brise, die über den Rhein weht, macht die 36 Grad, die das Thermometer anzeigt, erträglich. So geschäftig wie heute gehe es beileibe nicht immer zu. „Wenn es regnet, sieht man hier keinen Menschen“, schildert Günay das andere mögliche Extrem im Fährbetrieb. Und schippert wieder los. Fährzeit Bis zum 30. September verkehrt die Kollerfähre von 10 bis 19.30 Uhr zwischen der Kollerinsel und Brühl, bis 31. Oktober von 10.30 bis 15 Uhr. Mittagspause ist zwischen 12 und 12.30 Uhr. Kosten: Fußgänger 0,50 Euro, Radler: 1 Euro; Auto mit Insassen: 3,50 Euro (6 Euro mit Rückfahrt).

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