Rhein-Pfalz Kreis Eine, die anpackt

RÖMERBERG. Nein, Käthe Maier verzweifelt nicht. Gerade war sie bei der Gemeindeverwaltung in Römerberg, wollte Krankenscheine für zwei Asylbewerber aus Pakistan abholen. Einer liegt mit geschwollenem Fuß im Bett, der andere hat Wunden an Knie und Nase, weil er mit dem Rad gestürzt ist. Doch Maier kommt ohne Krankenscheine zurück ins Asylbewerber-Haus in der Berghausener Gartenstraße. Die bekomme sie nur, wenn sie die Papiere der Männer bei der Verwaltung vorzeige. Vorschrift. Könnte ja sein, dass die Dokumente abgelaufen sind. Heißt für Maier: Morgen muss sie noch mal zur Gemeinde, danach erst kann sie mit den beiden Männern zum Arzt fahren. Käthe Maier ist als ehrenamtliche Beigeordnete in Römerberg eigentlich nur dafür zuständig, dass die Asylbewerber in der Gemeinde untergebracht werden, sprich: für die Suche nach geeigneten Wohnungen oder Häusern. Das ist schon schwer genug. Aber, wie es manchmal so ist, hat sich das eine aus dem anderen ergeben. Häuser sind das eine. Aber was passiert mit den Menschen? Maier ist für die Asylbewerber von Römerberg die „Mama Deutschland“, zu Weihnachten bekam sie einen Schlüsselanhänger: „Super Mama“. Das hat sich herumgesprochen. Mittlerweile melden sich Asylbewerber aus anderen Orten des Kreises bei ihr und bitten um Hilfe. „Da ruft ein Asylbewerber aus Fußgönheim an: ,Frau Maier, können Sie mir eine Wohnung suchen?’“, erzählt sie. Rosemarie Patzelt (FWG), zuständige Beigeordnete auf Kreisebene, ist froh um jede Hilfe. „So ein Engagement entlastet uns natürlich sehr. Frau Maier war gerade erst hier, um ein paar Punkte abzusprechen.“ Patzelt sagt, im Umgang mit Asylbewerbern und dem Umfeld, in dem sie leben, brauche man Leute, die anpacken und resolut sind. Und keine, die durch eine Unterkunft laufen und feststellen, dass ein Fenster klemmt. „Da haben wir andere Probleme. Sie müssten sich manche Wohnungen mal anschauen.“ Jungen Männern aus muslimischen Ländern, die alleine gekommen sind, sei beispielsweise schwer klarzumachen, dass sie sich selbst um den Haushalt kümmern müssen. Viele Roma überfalle die Sammelwut. „Da könnte man einmal im Monat den Sperrmüll bestellen“, erzählt die Kreisbeigeordnete. Auch bei Käthe Maier kommt ab und zu die Arbeit zu Hause zum Erliegen. „An manchen Tagen mache ich daheim nichts“, sagt sie. An diesen Tagen setzt sie andere Prioritäten, kümmer sich um diejenigen, die ihre Heimat verlassen haben – auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Die 66-Jährige schreibt dann Briefe an Politiker und Behörden, kümmert sich um Kleidung und Geschirr für Flüchtlinge, durchforstet Kleinanzeigen nach bezahlbaren Wohnungen für anerkannte Asylbewerber, schaut, wo es günstige Betten gibt, und regelt mit denen, die in Deutschland bleiben dürfen, Dinge im Jobcenter. Die Menschen kommen aus einem anderen Leben, einer anderen Realität, müssen sich in Deutschland erst zurechtfinden. „Das ist gerade dann nicht so einfach, wenn dieser neuen Welt auch noch unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen“, sagt Rosemarie Patzelt. Das passiere gerade in den Gemeinschaftsunterkünften, zum Beispiel in Schifferstadt in der Bahnhofstraße. Rund 30 Asylbewerber kommen da unter. „Vom gebildeten Akademiker-Paar aus dem Iran bis zu Romafamilien aus Rumänien ohne jegliche Schulbildung. Ein unglaubliches Spannungsfeld.“ Hier vermittelt der Sozialpädagoge Johannes Jarczyk. Laut Patzelt ein Mensch mit Berufs- und Lebenserfahrung, der praktisch denkt. Genauso wie Käthe Maier. Sie zeigt den Menschen, wie man in Deutschland Müll trennt, kauft von ihrem eigenen Geld bei Aldi oder Lidl Arbeitshosen für die Männer, montiert mit ihrem Sohn eine Trennwand zwischen Badewanne und Klo, damit wenigstens ein bisschen Privatsphäre herrscht im Bad in der Gartenstraße. „Ich könnte ein Buch schreiben“, fasst Maier die Menge dessen zusammen, was sie Tag für Tag erlebt. Ein anderes Buch, ihr Sparbuch, ist leer. Sie habe die Kaution für vier Wohnungen für anerkannte Asylbewerber in Ludwigshafen bezahlt. „Wir haben vereinbart, dass sie das Geld zurückzahlen, wenn sie sesshaft sind“, berichtet Maier, 50-Euro-weise, Stück für Stück. „Das ist meine Spende“, sagt die Landesehrennadel-Trägerin – viel Zeit und viel Geld. „Meine Beigeordneten-Aufwandsentschädigung im Monat reicht nicht für das, was ich ausgebe“, erzählt sie. Dabei müsste sie das Geld gar nicht dafür verwenden. Die Entschädigung für den Beigeordneten-Job steht ihr zu, unabhängig davon, ob sie sich „nur“ um die Häuser kümmert oder sich der Menschen annimmt. Sie sei halt so, sie müsse sich engagieren und helfen. Schon vor 20, 25 Jahren habe sie Flüchtlinge aus Syrien betreut. Ihr Mann Guido zitiert den Inhalt eines Kirchenliedes: „Weck die tote Christenheit.“ Es sollte ein Werk der Barmherzigkeit sein, sich um Fremde zu kümmern. Seit Herbst fragt die 66-Jährige in Briefen an verschiedene Stellen, warum es in Rheinland-Pfalz eine Ungleichbehandlung von Asylbewerbern gibt – die einen müssen arbeiten, um volle Leistung zu bekommen, die anderen nicht. Eine zufriedenstellende Antwort habe sie bisher nicht erhalten, sagt sie. Käthe Maier hat beschlossen, dass es so nicht weitergehen kann, das hat sie auch dem Sozialausschuss berichtet: „Ich kann’s auf die Dauer nicht alleine machen.“ Jetzt sucht sie Leute, die sie unterstützen wollen.

x