Rhein-Pfalz Kreis Der Identität ein Stück näher

Schifferstadt

. „Ich war auf dem Heimweg mit dem Rad, da sah ich ein Flugzeug herunterkommen und hörte einen lauten Knall“, erinnert sich der heute 83-jährige Albert Regenauer. Dann habe er eine Rauchsäule gesehen und sei an den Ort des Geschehens gegangen. „Die Maschine muss explodiert sein, Trümmerstücke und Körperteile des Piloten hingen in den Bäumen“, berichtet Regenauer bei einer Infoveranstaltung. Der Verein für Heimatpflege hat Benkel eingeladen, seine Arbeit und Ergebnisse vorzustellen. Zudem hoffe man, Zeitzeugen zu finden, die Informationen zu diesem und anderen Flugzeugabstürzen geben können, sagt der Vereinsvorsitzende Werner Krämer. Tatsächlich hat es gegen Ende des Zweiten Weltkriegs weitere Vorfälle gegeben. Ein älterer Mann berichtet von einer Bruchlandung im Winter, die er als Kind beim Schlittschuh fahren mit angesehen habe. Benkel sucht seit 1989 nach abgestürzten Flugzeugen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und versucht, die Identität der Besatzungen aufzuklären. „Den Toten einen Namen geben und den Hinterbliebenen einen Ort der Trauer“, beschreibt er sein Anliegen. Die Arbeit sei „eine Mischung aus Inspektor Columbo, Gerichtsmediziner Quincy und Indiana Jones“, erklärt er. Enge Mitarbeiter Benkels sind der Schifferstadter Peter Berkel und Dietmar Kneschk. In Schifferstadt kam Jürgen Hauck mit einem Bagger und half zu graben. Die Absturzstelle blieb im Gedächtnis – nicht nur durch Augenzeugen, sondern auch durch die Jugendgruppe St. Christophorus, die Anfang der 50er-Jahre dort ein Kreuz zur Erinnerung errichtete. Klaus Stahl gehörte damals dazu. Er stellte Fotos und Berichte zur Verfügung. Benkel begann am 30. November 2013 mit der Grabung vor Ort, nachdem er die Genehmigung erhielt. Bis dahin hatte er Aussagen von Zeitzeugen gesammelt. Es hieß, der Pilot sei aus Mainz und 19 Jahre alt gewesen. Wenige Jahre nach Kriegsende hätten Schrotthändler nach der Maschine gegraben. Dabei seien Überreste des Piloten und auch seine Papiere gefunden worden. Angeblich haben die Finder die Papiere jedoch vernichtet. Schon vor der Grabung untersuchte Peter Berkel die Umgebung und entdeckte Metallteile und Patronenhülsen deutscher und amerikanischer Herkunft. Das könnte auf einen Luftkampf deuten, der mit einem Abschuss endete. Doch Benkel und seine Helfer entdeckten noch viele weitere Teile des Rätsels – und nicht alle passen zusammen. Bei der Grabung fanden die Vermisstenforscher Teile der Maschine mit Gerätenummern und Typenschildern. Damit konnte Benkel das Flugzeug als eine Messerschmitt Me bf 109 der Version f4 identifizieren. „Die Maschine muss sich mit hoher Geschwindigkeit in die Erde gebohrt haben“, folgert Benkel aus Lage und Tiefe der gefundenen Teile. Auch Überreste des Piloten wurden gefunden: Der Kopf eines Oberschenkelknochens, Teile des Beckens und ein Stück Schienbein steckten zwischen den Trümmern. Aufzeichnungen der amerikanischen und deutschen Luftwaffe berichten von keinen Luftkämpfen in der Gegend zur fraglichen Zeit. Ein entscheidender Hinweis kam von einem Zeitzeugen: Theo Mattern war als junger Mann 1944 auf einem mobilen Flugabwehrgeschütz eingesetzt auf der Bahnstrecke zwischen Schifferstadt und Speyer. Nach seiner Erinnerung nahm das Geschütz an einem Sonntag ein Flugzeug unter Feuer, das auch Richtung Iggelheim abstürzte – jedoch war es ein deutsches Flugzeug. Benkels Mitarbeiter Kneschk machte sich nun daran, Mainzer Zeitungen vom Spätjahr 1944 auf Hinweise zu durchsuchen. Er wurde fündig: „Fahnenjunker Helmut Mayer, 20 Jahre alt, fiel am 19. November 1944 einem tragischen Geschick zum Opfer“, hieß es in einer Todesanzeige. Der Dienstgrad gehört zur Luftwaffe, die Formulierung schließt den Tod durch Feindeinwirkung aus. Und der 19. November war ein Sonntag. „Es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir damit den Piloten identifiziert haben“, erklärte Benkel. Derzeit versuche sein Kollege, über das Standesamt Mainz den Todesort des jungen Mannes zu erfahren. Die gefundenen sterblichen Überreste sollen nach Mainz mit den bereits 1944 geborgenen und dort bestatteten Überresten begraben werden. Die Flugzeugteile stellt Benkel dem Schifferstadter Heimatmuseum als Dauerleihgabe zur Verfügung.

x